: Eigentumsfrage kommt in Bewegung
■ Gesetzentwurf über Rückgabe von Eigentum / Viele Einschränkungen / Ex-Besitzer können sich anmelden
Berlin (dpa) - Die DDR will enteignete Grundstücke grundsätzlich den Eigentümern zurückgeben. Ein am Dienstag in West-Berlin bekannt gewordener Referentenentwurf des Ostberliner Justizministeriums sieht allerdings zahlreiche Ausnahmen vor, die eine Rückübertragung erheblich einschränken. Die Regierungen in Bonn und Ost-Berlin hatten sich bereits am 15. Juni auf eine „Gemeinsame Erklärung“ zur Regelung offener Vermögensfragen geeinigt. Bei dem Referentenentwurf dürfte es sich daher um die entsprechenden Ausführungsbestimmungen handeln.
Der Entwurf „des Gesetzes zur Regelung entzogener Vermögenswerte“ bezieht sich auf alle „Vermögenswerte, die auf der Grundlage von Rechtsvorschriften der Deutschen Demokratischen Republik in Volkseigentum überführt oder durch staatliche Verwalter an Dritte veräußert wurden“. Der vorliegende Entwurf schließt auch „Hausgrundstücke“ ein, die aufgrund Überschuldung in Volkseigentum übernommen wurden, und Vermögenswerte, die aufgrund unlauterer Machenschaften wie Machtmißbrauch oder Korruption veräußert worden sind.
Ausdrücklich nimmt der Referentenentwurf Enteignungen auf besatzungsrechtlicher Grundlage - in den Jahren 1945 bis 1949 - und nach Strafverfahren aus. Miterfaßt sind dagegen Vermögenswerte, die jüdischen Bürgern in der Zeit des Nationalsozialismus entzogen worden sind.
Die von dem Gesetz erfaßten Vermögenswerte sollen an die Berechtigten „zurückübertragen“ werden. Ausgeschlossen ist die Rückübertragung unter anderem dann, wenn die Grundstücke oder Gebäude mit erheblichen baulichen Aufwand in ihrer Nutzungsart bzw. Zweckbestimmung verändert wurden und ein erhebliches öffentliches Interesse an ihrem Fortbestand bestünde. Auch, wenn sie im komplexen Wohnungs- oder Siedlungsbau verwendet oder gewerblicher Nutzung zugeführt wurden. Eine weitere Ausnahme besteht, wenn DDR-Bürger an Grundstücken oder Gebäuden Eigentum oder dingliche Nutzungsrechte in redlicher Weise erworben haben. Für diese Grundstücke soll eine Entschädigung geleistet werden.
Nach den Vorstellungen des Justizministeriums soll die nach der jetzt in Kraft getretenen „Anmeldeverordnung“ eine bis zum 31. Januar 1991 erforderliche Anmeldung von Ansprüchen gleichzeitig als Antrag auf Rückübertragung oder Entschädigung gelten.
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