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Eigentor

■ Zu Gremlizas Ausfall gegen Wallraff

Die Ghostwriterschaft des Wallraff–Buches „Der Aufmacher“ reklamiert Gremliza für sich selbst - die Preisverleihung ist somit zumindest ein halbes Eigentor. Zeichnet doch für eine literarische Sprache, die, wie es in der Preisrede heißt, „auf den Strich geht“, eben jener verantwortlich, der sich in seinen Kolumnen monatlich als Kama–Sutra–Wächter deutsch– deutscher Satz–Stellungen geriert. Für seinen Anti–Literatur–Preis braucht Gremliza Publizität, da bietet sich - nach dem Weltbestseller „Ganz unten“ - einer wie Wallraff an. Daß dieser nach den jüngsten Enthüllungen seiner Mitarbeiter selbst fast ganz unten, jedenfalls ziemlich down ist, gibt dem Ganzen den Charakter von üblem Nachtreten. Wie wenn eine WG (außer Gremliza schrieben auch Bissinger und andere im Konkret–Umfeld unter dem Pseudonym Wallraff) sich nach zähem Ringen endlich auflöst und der Oberwichser brüllt: „Den Kühlschrank hab ich aber allein bezahlt.“ Hat die marode Konkret bei Wallraff eine Million geordert und nicht erhalten, oder was bringt Gremliza zu der verstiegenen Behauptung, an Wallraffs Werk sei „nichts wahr, keine Erkenntnis, kein Gedanke, kein Wort“? Wie kommt ein Stamokap–Dumpfmeister dazu, „Spieler“, „Künstler“ und „Witz des Schalks“ einzuklagen, während Wallraff bei seinen Recherchen alles „auf den Ernst des Sozialpädagogen“ herunterbringe? So sehr die Literatur Anti–Preise wie den zu Ehren von Karl Kraus brauchen kann: Es gibt weitaus schlimmere Finger als Wallraff und größere Sünden als „enorme politische Sprengkraft“ in Anspruch zu nehmen und politisch nichts zu bewirken. Beispielsweise die, daß der eine politisch wirkungslose Oberlehrer dem anderen politisch wirkungslose Oberlehrerhaftigkeit vorwirft. Gremliza hat sich um die Anwartschaft auf seinen eigenen Preis verdient gemacht. Mathias Bröckers

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