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Eigene Verfassung für Tschetschenien

■ Moskau legt Vertragsentwurf über Status der Republik vor

Moskau (AFP/AP/dpa) – Moskau will Tschetschenien eine eingeschränkte Souveränität innerhalb der Russischen Föderation zugestehen. Zwei Tage nach dem Waffenstillstandsabkommen legte die russische Führung gestern einen Vertragsentwurf vor, der die Beziehungen zwischen Moskau und der Kaukasusrepublik regeln soll. Danach soll Tschetschenien eine eigene Verfassung und Gesetzgebung haben. Gleichzeitig soll ein eigener Militärdienst eingeführt werden. Die tschetschenische Regierung soll auch die Kontrolle über Haushalt und Steuern haben. Außerdem soll sie internationale Abkommen unterzeichnen, die nicht im Gegensatz zur russischen Verfassung und den internationalen Verpflichtungen Moskaus stehen. Rußland soll die Verteidigung, den Waffenverkauf, die Verkehrswege und die Kommunikationsmittel kontrollieren. Tschetschenien solle ein „souveräner, demokratischer Sozial- und Rechtsstaat innerhalb der Russischen Föderation sein“, heißt es in dem Dokument. Der Entwurf basiere auf dem Selbstbestimmungsrecht der Völker. Ziel sei es, die territoriale Integrität Rußlands zu bewahren. Beide Seiten verpflichten sich zum Gewaltverzicht. Auch soll in Tschetschenien am 16. Juni ein Parlament gewählt werden. Jelzin sagte, dieses Parlament solle über den Status Tschetscheniens als Teil Rußlands verhandeln und den Vertrag über die Aufteilung der Befugnisse unterzeichnen.

Unterdessen äußerten sich Vertreter der russischen Regierung und der OSZE skeptisch über die Friedensaussichten im Kaukasus. Nationalitätenminister Wjatscheslaw Michailow sagte, er glaube nicht, daß alle Rebelleneinheiten den Anweisungen von Rebellenführer Jandarbijew Folge leisten und ab Samstag die Waffen ruhen ließen. Der Leiter der Delegation der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Grosny, Tim Guldimann, sagte, es müsse sich erst erweisen, daß die angekündigten Maßnahmen tragfähig seien.

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