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Ehrlicher Umgang

betr.: „Verschleierte Mittäterschaft“ (Völkermord an den Armeniern), taz vom 27. 4. 00

Dank an Wolfgang Gust für die ausführliche Darstellung der deutschen Verstrickungen in den Völkermord an den Armeniern.

Beipflichten möchte ich seiner Auffassung, dass der deutsche Bundestag auf Grundlage der Fakten nicht umhin können wird, den Völkermord an den Armeniern und die deutsche Mitschuld anzuerkennen. Richtig ebenfalls, dass dies Signalwirkung haben wird – und muss. Dies halte ich aber nur für einen der wichtigen Aspekte; entscheidend ist aus meiner Sicht vor allem die Bereitschaft, ehrlich mit der eigenen Geschichte umzugehen, ein Vorgang, den Interessierte durch die Wahrnehmung ihres Petitionsrechts unterstützen könnten.

Nicht einverstanden und geradezu verärgert bin ich über die Formulierung, der Völkermord an den Armeniern sei „der erste des an Völkermorden reichen 20. Jahrhunderts“ gewesen. [...] Ob nun der Völkermord an den Herero, begangen von Deutschen auf dem Territorium des heutigen Namibia, der erste in jenem in der Tat „an Völkermorden reichen 20. Jahrhunderts“ war, kann ich nicht beantworten. Allemal ging er im Jahre 1904 dem Völkermord an den Armeniern 1915 ff. voraus. Das Auswärtige Amt (grün!), das in diesem Zusammenhang von „der gewaltsamen Niederschlagung des Herero-Aufstandes“ spricht, wertet diesen Vorgang folgendermaßen: „Ein völkerrechtlicher Anspruch der Volksgruppe der Hereros auf finanzielle Wiedergutmachung gegen die Bundesrepublik Deutschland kann nicht anerkannt werden. Nach dem seinerzeit geltenden Völkerrecht konnte der Stamm der Hereros keine Wiedergutmachungsansprüche an das Deutsche Reich erwerben, völkerrechtliche Normen zum Schutz von Aufständischen und Zivilbevölkerung wurden erst nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt.“ Unter dieser Prämisse könnte nun allerdings auch der Völkermord an den europäischen Juden nicht als solcher gewertet werden (was immerhin nicht einmal deutsche Regierungen wagen würden). An Zynismus ist diese Einschätzung allemal nicht zu überbieten. Höchste Zeit für ein deutsches Parlament, auch mit diesem Teil der Geschichte ehrlich umzugehen und den Herero die lange geschuldete offizielle Entschuldigung und Wiedergutmachung zu geben! SUSANNE HAGEMANN, Schleswig

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