■ Störzeile: Ehren-Enkel
Wir haben ja ein wenig gezögert. Weil ..., äh, ... tja, weil der Umgang unserer allerliebsten Zeitung mit dem Erbe Willy Brandts nun auch nicht immer allzu treffsicher ist. Vorsichtig umschrieben. Sie wissen schon: taz-Kniefall-Plakat und so. Höchste Peinlichkeitsstufe.
Aber sollten wir deshalb schweigen? Sollten wir uns deshalb damit abfinden mit dem, was sich derzeit in Hamburgs Norden abspielt, wo Schindluder getrieben wird mit dem Namen des einzigen SPD-Bundeskanzlers, der nicht genauso gut der CDU hätte angehören können. Nein!
Wie könnten wir es hinnehmen, daß der Hamburger Senat – wie beschlossen – gerade mal ein Teilstück, richtig gelesen: ein Teilstück (!) der Alsterdorfer Straße in Brandt-Allee umbenennt. Einfach so, ganz ohne Willy. Brandt-Allee. Da denkt man doch eher an Zwieback. Oder an Biedermann.
Halbe Straße, halber Name. Man bedenke nur: Wenn das die Witwe erfährt. Armes Hamburg!
Dann doch lieber gleich richtig klotzen, wie gestern die SPD-Bezirksfraktion. Den Flughafen zum Willy-Brandt-Flughafen machen! Was München sein Franz-Josef, ist unser Hamburg sein Willy. Und dazu auch noch flugs die Hindenburg-Straße umbenannt, wie die Nord-GAL es gern hätte.
Das wäre sie dann endlich, die Mehrheit links von der Mitte. Vermächtnis erfüllt. Und das ganz ohne PDS. In Hamburg! Ein Jubeltag würde das werden. Wir sehen ihn schon kommen: Henning, gerade zum Ehrenenkel geschlagen, Arm in Arm mit Krista und Jörg, fröhlich ein dreistimmiges 'Freu dich auf den Wechsel Deutschland' intonierend. Prachtvoll. Uli Exner
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