: Eduscho ist umgestiegen
■ Geschäftsbericht 1993: Kaffee nur noch Platz zwei beim Umsatz des Konzerns
Eduscho, das ist Kaffee aus Bremen. Denkt man. Das war richtig, seitdem Eduard Schopf 1924 das Unternehmen gründete. Seit 1993 ist es falsch. Mit einem Umsatz-Plus von nahezu 20 Prozent haben sich die „Non-Food“-Artikel zum wichtigsten Geschäftsbereich entwickelt.
Im Eduscho-Laden an der Vahrer Straße ist es Anna Lisa, die Dekorationspuppe für 24,95 Mark, die sich zum Renner entwickelte. Vor dem Steintor steht Anna Lisa immer noch im Regal und wartet auf KäuferInnen, aber Armbanduhren und die „Genießer“-Edelstahl-Töpfe locken die KäuferInnen an. 47 Prozent des Umsatzes macht der Handel mittlerweile mit den Non-Food-Artikeln aus, nur 45 Prozent Umsatz fielen durch Röstkaffee an.
In manche Eduscho-Läden kommen die KundInnen auch öfter wegen der Non-Food-Ware als wegen des Kaffees. Das System ist dabei denkbar einfach: Durch kurzfristige Aktionen erweckt Eduscho den Eindruck, daß man etwas verpaßt, wenn man nicht zugreift. Das Vertrauen in den Premium-Kaffee scheint sich dabei auf die gehandelten Geschenkartikel zu übertragen: Die KäuferInnen sind davon überzeugt, daß Eduscho für sie schon Qualität aussucht.
Der Jahrszeit angepaßt werden in der gestern angelaufenen Aktion neben Armbanduhren auch Oster-Artikel angeboten. Die StammkundInnen, so eine Verkäuferin, sind geradezu „gierig“ nach der neuen Aktion. Und Edusche beweist neben dem Geschmack auch Niveau: Für den scheidenden Bundespräsidenten bringt Eduscho rechtzeitig eine Bildbiografie „mit überraschenden Fotos aus seinem Privat- und Dienstleben“ an den Kaffee-Tresen, der frühere tschechische Präsident und Dichter Vaclav Havel schrieb dazu das Vorwort.
Korrekterweise muß man also sagen: Am Kopf des Europahafens entwickelt sich nicht ein Zentrum der Nahrungsmittelindustrie, wie Bremens Wirtschaftspolitiker es gern sagen, sondern ein reger Handel mit Gebrauchs- und Geschenkartikeln aller Art.
Der Kaffee-Konsum der Deutschen ist dagegen seit der Vereinigung um 1 Prozent gesunken. Eduscho bleibt auf Platz drei bei den bundesdeutschen Kaffee-Anbietern und verdient dabei 75 Pfennig mehr am Pfund Kaffee als der Durchschnitt der Kaffee-Röstereien.
Seit 1991 arbeitet Eduscho in den neuen Bundesländern mit großem Erfolg mit Franchise-Filialen: 28 an der Zahl gibt es bisher, und das Konzept, das das Risiko auf die privaten BetreiberInnen der Eduscho-Läden abwälzt, soll jetzt auch nach Westdeutschland übertragen werden. Neben Kaffee und den Aktionsartikeln könnte es da auch die direkte Konkurrenz geben: Tee, Wein, Süßwaren und Säfte.
K.W.
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