: Ed Mecham, Arizonas Ekel vom Dienst
■ Dem Gouverneur von Arizona droht nicht nur die Amtsenthebung, sondern auch die Verurteilung wegen Meineid und Betrug Selbst im konservativen Arizona hat die Bevölkerung seine ständigen Ausfälle gegen Homosexuelle und andere Minderheiten satt
Aus Washington Stefan Schaaf
Falls es einen Wettbewerb um den Rang des unpopulärsten Politikers in den Vereinigten Staaten gäbe, Arizonas Gouverneur Edward Mecham würde ihn gegenwärtig um Längen gewinnen. Der 64jährige Republikaner, der seit November 1986 im Amt ist, hat es sich in kurzer Zeit mit allen verscherzt. Gegen Mecham läuft nicht nur seit einem Jahr eine Kampagne, ihn vorzeitig aus dem Amt abzuwählen, vor einer Woche erhob außerdem ein Staatsanwalt Anklage gegen ihn und last, but not least, berät das Parlament von Arizona gegenwärtig, ob ein formelles Amtsenthebungsverfahren, ein sogenanntes „Impeachment“, eingeleitet werden soll. Und was sagt Gouverneur Mecham selbst gegen diesen Schwall von Anschuldigungen? Wie weiland Nixon beschuldigt er die Presse einer Hetzkampagne gegen ihn, wettert gegen „eine Bande von Homosexuellen und dissidenten Demokraten“ und meint im übrigen ganz cool, er würde die Abstimmung über seine Abwahl, die für Mai geplant ist, glatt gewinnen. Begonnen hatten Mechams Schwierigkeiten, als er im Januar letzten Jahres den Feiertag zu Ehren von Martin Luther King kurzerhand aus dem Kalender Arizonas strich und damit eine der größten Protestdemonstrationen in der Geschichte des Staates provozierte. Wenig später forderte er Hörer einer Radio–Talkshow auf, Homosexuelle im Staatsdienst zu denunzieren, damit er für deren Entlassung sorgen könne. Ein Schwuler war es dann auch, der die Abwahlkampagne zu organisieren begann und über seinen Erfolg im vorwiegend konservativen und republikanischen Arizona selbst überrascht war: „Die Mißbilligung von Schwulen in Arizona ist wohl weitverbreitet, aber die Mißbilligung von Gouverneur Mecham ist es noch mehr“, kommentierte er die 400.000 Unterschriften, die in wenigen Monaten zusammenkamen. Mechams „Pechsträhne“ setzte sich in den folgenden Monaten noch fort. Er ernannte einen ehemaligen Posträuber zum Staatsbeauftragten für das Gefängniswe sen und einen Steuerhinterzieher zum Chef der Steuerbehörde. Der Gründer eines staatsweiten „Ed Mecham–Fanclubs“, der 17jährige Kip Shippy, mußte seine Aktivitäten abbrechen, als ruchbar wurde, daß er als 14jähriger eine Achtjährige sexuell belästigt hatte und dafür vor dem Jugendrichter stand. Und während Gouverneur Mecham fortfuhr, Minderheiten gegen sich aufzubringen - zuletzt die Japaner, von denen er sagte, sie bekämen „runde Augen“, wenn er von den 200 Golfplätzen Arizonas erzähle - knallte Anfang Januar die Anklageschrift des Staatsanwalts auf seinen Schreibtisch. Betrug und Meineid in sechs Fällen lautete die Beschuldigung - Höchststrafe 23 Jahre Knast. Ein Sonderankläger des Parlaments erweiterte die Sündenliste eine Woche darauf um den Vorwurf, der Gouverneur habe 80.000 Dollar aus der Staatskasse geborgt, um sie in seine Autohandelsfirma zu investieren, und empfahl die förmliche Amtsenthebung Mechams. Zurücktreten will Mecham dennoch nicht. Seinen Parteikollegen ist das ganze nur noch äußerst peinlich. Arizonas bekanntester Republikaner, Ex–Senator Goldwater, bescheinigte ihm Realitätsverlust und forderte ihn zum Abtritt auf, bevor die unglückselige Affäre Auswirkungen auf den Wahlkampf der Republikaner im Herbst haben wird.
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