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EWIGER RUHM

 ■  K U L T U R P O L I T I K

Es hat sich also doch gelohnt: „Nun sind im neuen deutsch -deutschen Verhältnis auch diese Schranken (für Luxusartikel) gefallen und damit die letzte Barriere für die Teilnahme von DDR-Bürgern an der gewinnbringendsten Spielshow des deutschen Fernsehens.“ Da machte Schabowski die Mauer auf - und hui! - purzelte der erste DDR-Kandidat ins Sat1-Glücksrad - und wow! - gewann er doch gleich 8.200 -Mark-Preise. Bernhard Boese aus Kleinmachnow stach in stilsicherem Stabreim Helga Huber aus Haag und Konstantin Kiperis aus Berlin (?) aus. Glücksrad erzählt, wie's dazu kam: „Zunächst sah es für Bernhard (!) so gar nicht nach Sieg aus“, erst bei der dritten Runde gewann er, nur „wirklich schade“, nicht den gesamterdrehten Preis, und „leider“ schaffte er auch nicht die Traumreise, „die Bernhard wirklich gerne angetreten hätte“. Daß dem einmal Verfallenen, und sei er ein doppelter Deutscher, von Seiten der Boulevardpresse & ihrer Fangutensilien in Herz und Samenbeutel geschaut wird, kann kein Mitleid mehr erregen; wohl aber, daß der unter einem 170köpfigen Publikum gewählte (ernannte) Kandidat einer „kultischen Fangemeinde“ am heimischen Bildschirm vorgeworfen wird, die sich einen Absatz weiter zu einer faszinierten „wachsenden Gemeinde des kultischen Fernsehens diesseits und jenseits der zerbröckelten Mauer“ steigert. Hier spricht plötzlich jemand, ein genialer Werbedichter, der mit zersetzendem Wortewetzen das Glücksrad der Geschichte aus den Angeln hebt? Sind dies doch nicht zuletzt (und ob) „die Anfänge einer Neugestaltung des Medien-Metropolen-Standortes Berlin“!

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