EU und Wissenschaft: Neue EU-Kommission setzt auf Forschung
Klimapolitik und Green Deal stehen für die neue EU-Kommission nicht mehr im Vordergrund. Stattdessen setzt sie auf Forschung und Innovation. Damit soll vor allem die Wettbewerbsfähigkeit der EU gestärkt werden.
Neues Spiel, neues Glück? In Brüssel ist in dieser Woche die neue EU-Kommission, die zweite unter Führung der deutschen CDU-Politikerin Ursula von der Leyen, zu ihrer ersten Sitzung zusammengetroffen. Während in der ersten Amtszeit die Klimapolitik und der „Green Deal“ im Vordergrund standen, haben sich diesmal die Themen Forschung und Innovation nach vorne geschoben: Europa muss unter den Bedingungen der veränderten Geopolitik vor allem wirtschaftlich wettbewerbsfähiger werden.
Fundierte Expertenpapiere haben in den letzten Monaten der „Europaregierung“ die Leviten gelesen. Vor allem der Report des früheren Chefs der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, über die Gründe für den schleichenden Verlust der Wettbewerbsfähigkeit Europas, hat für ein Umdenken in der Innovationspolitik gesorgt.
So stellte von der Leyen in ihrer Antrittsrede vor dem Europaparlament die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit durch Forschung und Innovation sogar an die erste Stelle der sechs wichtigsten Vorhaben der neuen Kommission, noch vor Handel, Verteidigung und Migration. Europa müsse die „Innovationslücke zu den USA und China“ schnell schließen, die Forschungsausgaben erhöhen und die Finanzierungsbedingungen für Start-ups verbessern, betonte die Kommissionspräsidentin.
Kompetenzbereiche verlagert
Für die Umsetzung sollen die neuen EU-Kommissare sorgen, die seit dem 1. Dezember formell im Amt sind. In der nationalen Ressortaufteilung ist die EU-Zuständigkeit für Forschung wieder an Bulgarien gegangen, ein Land, das im europäischen Innovationsindex ganz hinten rangiert. Die neue Kommissarin, Ekaterina Zaharieva, gehört wie ihre Vorgängerinnen Ivanova und Gabriel der in Bulgarien regierenden konservativen Partei Gerb an.
Allerdings wurde ihre Zuständigkeit verändert: Neben Forschung und Innovation ist Zaharieva an erster Stelle sogar für die Förderung von Start-ups zuständig. Die Kompetenz für Bildung und Hochschulen wurde dagegen ausgelagert, auch Jugend und Kultur sind in ein neues Kommissariat gewandert. Die deutsche Hochschulrektorenkonferenz ist von dieser neuen Durchmischung nicht begeistert. „Um nachhaltig Erfolg zu haben und die Wettbewerbsfähigkeit umfassend zu steigern, sollten diese Politikfelder auch auf europäischer Ebene stärker zusammengedacht werden“, heißt es in einer HRK-Stellungnahme von dieser Woche.
Parallel zur Bildung der neuen Kommission haben in der europäischen Wissenschaft schon die Überlegungen zum nächsten großen Finanzierungstopf für die EU-Forschung begonnen, das sogenannte 10. Forschungsrahmenprogramm FP10, das auf die Dauer von sieben Jahren ausgelegt ist. Es wird 2028 das derzeit laufende Programm Horizon Europe ablösen, das schon jetzt mit seinen 95 Milliarden Euro als der größte Forschungsfonds weltweit gilt.
Aber es soll noch mehr werden. Das Europaparlament wie auch der Draghi-Report haben sich für eine Verdoppelung der Ressourcen ausgesprochen: Bis zu 220 Milliarden Euro soll FP10 umfassen. Entscheidend wird freilich die europäische Kassenlage sein.
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