EU-Gipfel zu Brexit-Verhandlungen: Leitlinien verabschiedet
Die verbleibenden 27 EU-Mitgliedsländer haben eine Schlussrechnung von bis zu 60 Milliarden Euro für den Austritt ausgemacht. Eine Strafe soll das aber nicht sein.
Die finanziellen Dinge müssten geklärt sein, bevor über die Beziehungen nach dem EU-Austritt des Vereinigten Königreichs gesprochen werde, sagte Merkel kurz vor Beginn des Gipfels. Gleichzeitig betonten Merkel und etliche ihrer Kollegen, dass sie auch künftig gute und enge Beziehungen zu London wollten.
Die britische Regierung hatte Ende März offiziell den Austritt aus der EU beantragt. Darüber soll nach den britischen Parlamentswahlen ab Juni verhandelt und bis März 2019 ein Abkommen geschlossen werden. In den nun verabschiedeten Verhandlungs-Leitlinien wird gefordert, dass zunächst die Bedingungen der Trennung und erst danach die neuen Beziehungen besprochen werden. Die EU hofft auf ein Zwischenergebnis bis zum Herbst.
Merkel sagte, vordringliche Themen seien die künftigen Rechte der EU-Bürger in Großbritannien und der Briten in der EU, aber auch finanzielle Dinge. „Die gehören für uns zu den Trennungsfragen sehr eindeutig dazu“, sagte die Bundeskanzlerin. Kommissionspräsident Juncker bestätigte „vorsichtige Einschätzungen“, dass es um bis zu 60 Milliarden Euro geht. Er legte aber Wert darauf, dass diese Summe noch keine „Forderung“ an Großbritannien sei.
Über die Schlussrechnung nach über 40 Jahren EU-Mitgliedschaft dürfte es in den Brexit-Verhandlungen Streit geben. Dazu zählen Haushaltsverpflichtungen, Zusagen gegenüber EU-Institutionen sowie Pensionskosten für Beamte und etliches mehr. Die britische Regierung lehnt es ab, nach dem Brexit weiter große Summen an die EU zu überweisen.
Die EU versucht, vor den Brexit-Verhandlungen gegenüber London geschlossen aufzutreten und eine einheitliche Position zu wahren. Gleichzeitig sendet sie auch versöhnliche Signale. So sagte EU-Ratspräsident Tusk: „Wir alle wollen für die Zukunft eine enge und starke Beziehung mit dem Vereinigten Königreich, daran gibt es nicht den geringsten Zweifel.“ Merkel sagte: „Wir wollen auch in Zukunft gute Beziehungen zu Großbritannien, aber wir wollen auch als 27 unsere Interessen gemeinschaftlich vertreten. Das ist bislang extrem gut gelungen.“
Der französische Präsident François Hollande sagte, es gehe nicht darum, Großbritannien für den Austritt zu bestrafen, aber: „Das Vereinigte Königreich wird künftig schlechtere Bedingungen haben als heute als EU-Mitglied.“ An die 27 bleibenden EU-Mitglieder appellierte er: „Es geht um die Einheit Europas.“ Auch die Franzosen „können nur gewinnen, wenn sie in Europa bleiben“, sagte er mit Blick auf die französische Präsidentschaftswahl am 7. Mai. Hollande tritt nicht noch einmal an, es war sein letzter EU-Gipfel im Amt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter