EU-Außenminister beraten in Brüssel: Willige gegen Abtrünnige
Vor dem EU-Gipfel gibt es in der Flüchtlingsfrage tiefe Gräben in der Europäischen Union. Lösungen sind nicht in Sicht. Treffen finden separat statt.
Bei einem Treffen in Prag wollte die Visegrad-Gruppe (Polen, Ungarn, Tschechien, Slowakei) am Montag eine Schließung der Grenze in Mazedonien vorbereiten. Auch Bulgarien und Österreich haben Hilfe zugesagt.
Sollten sie ihre Drohung wahrmachen, wäre nicht nicht nur die so genannte Balkanroute nach Deutschland abgeriegelt. Gleichzeitig wäre auch Griechenland isoliert, wo die meisten Flüchtlinge ankommen. Diese düstere Perspektive hat nun die EU-Außenminister auf den Plan gerufen.
Vermeintliche „Einfachstlösungen“ zur Bewältigung der Flüchtlingskrise führten nicht weiter, mahnte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier. Dazu gehöre auch die Debatte über Grenzschließungen und Erwägungen, Griechenland aus der EU „herauszudrängen“.
Asselborn droht
Eine scharfe Warnung formulierte auch Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn. Die Visegrad-Gruppe sei im Begriff, einen „Verein der Abtrünnigen“ zu gründen, sagte er. Sollten sie ernst machen, werde es in Brüssel sehr schnell die Debatte darüber geben, dass alle, die Solidarität erfahren, auch Solidarität zurückgeben müssten.
Asselborn spielte damit auf die EU-Hilfen an, die die Osteuropäer seit ihrem Beitritt erhalten haben. Vor allem Österreich fordert immer wieder, die Strukturhilfen zu kürzen oder zu streichen, wenn sich die Länder nicht solidarisch zeigten.
Allerdings spielt auch Österreich ein doppeltes Spiel. Die Regierung in Wien will eine tägliche Obergrenze für den Grenzübergang aus Slowenien verkünden. Ein Innenministeriumssprecher sagte am Sonntag, so wie auch Deutschland werde Österreich eine tägliche Quote für Migranten festlegen.
Merkel-Runde mit Hollande
Zudem hat Wien angekündigt, sich ähnlich wie die Visegrad-Staaten an der „Sicherung“ der Balkan-Route – also an ihrer Schließung – beteiligen zu wollen. Gleichzeitig spielt das Alpenland aber wieder den Gastgeber für ein Treffen der Merkel-Freunde am Donnerstag in Brüssel.
Bei der dritten Runde der „Koalition der Willigen“ soll es darum gehen, syrische Flüchtlinge direkt aus der Türkei in EU-Länder auszufliegen. Der französische Premierminister Manuel Valls hatte am Wochenende erklärt, sein Land sei dazu nicht bereit. Vom EU-Gipfel müsse im Gegenteil ein Stop-Signal ausgehen. Kurz danach kamen jedoch andere Signale aus dem Elysée.
Staatspräsident Francois Hollande werde erstmals an der Merkel-Runde teilnehmen, hieß es am Montag in Brüssel. Ob er mit einem konkreten Angebot kommt, ist unklar. Ohne Hilfe aus Frankreich droht dem Merkel-Plan das Scheitern. Er sieht eine spürbare Begrenzung der Flüchtlingsströme vor. Im Gegenzug soll die EU der Türkei ein festes Kontingent von Syrern abnehmen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?