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Archiv-Artikel

EDELGARD BULMAHN MUSS DAS JUNIORPROFESSUR-GESETZ ERNEUERN Sieg des Establishments

Es gibt einen einzigen Grund, warum Forschungsministerin Edelgard Bulmahn mit ihrer Juniorprofessur und der begleitenden Zwölfjahresregel durchgekommen ist: Sämtliche Wissenschaftler, von denen sich die Regierung beraten lässt, sind Professoren. Und zwar solche, die sich dadurch auszeichnen, dass ihre wissenschaftliche Arbeit ihnen noch genügend Zeit zur Regierungsberatung lässt. Genauer gesagt: Es sind Professoren, die sich für das Schicksal des wissenschaftlichen Nachwuchses nicht interessieren.

Okay – manche Professoren haben sich vor zwei Jahren für die Leute an ihren Instituten eingesetzt. In Zeitungen und auf Podien schimpften sie gegen die Befristung der nichtprofessoralen wissenschaftlichen Arbeit auf zwölf Jahre an. Gemessen daran jedoch, was deutsche Ordinarien sonst für einen Wind zu entfachen imstande sind, war das ein schwaches Lüftchen. Es schmeichelte der Forschungsministerin eher, als sie zu erschrecken. Bulmahn konnte behaupten, wer sich gegen die Zwölfjahresregel stemme, gehöre halt zum C-4-Establishment und fürchte die Konkurrenz der Juniorprofessoren, der jungen Aufsteiger.

Das Gegenteil ist richtig: Bulmahn hat dafür gesorgt, dass es an den Unis nun überhaupt keinen mehr gibt, der den Ordinarien widerspricht. Die Zwölfjahresregel nutzt niemandem außer dem akademischen Establishment. Strebsame 35- bis 45-Jährige, die schneller, besser und schärfer sind als Profs, müssen zu einem willkürlichen Zeitpunkt gehen. Sie dürfen ihren Verstand woanders anbieten, denn die Uni will sie nicht mehr. Bulmahn meint ernsthaft, dass die deutsche Wissenschaft jahrelang auf das Engagement und den Grips einer ganzen akademischen Generation verzichten kann.

Der Prozess vorm Bundesverfassungsgericht ist eine gute Gelegenheit für die Wissenschaftsministerin, ihr Gesetz zu überdenken. Vielleicht erinnern die Grünen sie an einen Vorschlag, den sie selbst mal gemacht haben: flexible Wissenschaftstarifverträge statt staatlich verordneter Zwölfjahresregeln. ULRIKE WINKELMANN