■ Kommentar: Dumpfes Stöhnen
Wenn Polit-Filz aus Blech wäre, ein gräßliches Kreischen ginge durch diese Stadt. Doch Filz dämpft, und nur ein dumpfes Stöhnen ist zu vernehmen. Stöhnen über den Polizeiskandal, über die Altonaer Pape-Affäre und jetzt über die von der Justizbehörde gedeckten rechtswidrigen Abhörpraktiken.
Die Einzelheiten müssen den zuständigen Senatsbehörden mühsam aus der Nase gezogen werden. Die sozialdemokratischen Apparate schützen sich gegenseitig – machtbesoffen und machtsüchtig. Der Kooperationspartner Statt Partei ist im Sinne demokratischer Kontrolle eine Null.
Was also tun? Für eine rot-grüne Koalition in dieser Hansestadt werben, damit die sozialdemokratischen Apparatschiks sich noch besser einigeln? Das macht wenig Sinn, die Hamburger SPD braucht keine softe Lösung, sie hat eine politische Schocktherapie verdient. Und dafür gibt es heutzutage nur einen Namen: Scharz-Grün!
Jenseits weltanschaulicher Überhöhungen ist das aktuell die einzige Lösung, die der Parlamentarismus zu bieten hat. Nicht viel, aber immerhin: Kein arroganter Voscherau mehr an der Spitze des Senats – kein Wrocklage mehr, der die Innenbehörde einfach laufen läßt – kein Wagner mehr, der die hanseatische Spießigkeit betoniert. Und keine sozialdemokratischen Kleinfunktionäre mehr, die nach oben abgesichert sind und unten Scheiße bauen. Das wär' was für vier Jahre. In dieser Frist ließe sich die alte Filzdecke zerreißen, eine neue könnte so schnell nicht wachsen. Und die Schmuddelweste der grünen Ideologie bekäme nur einen einzigen Dreckfleck mehr.
Jürgen Oetting
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