Duisburger Loveparade: Schuldfrage online
Der Veranstalter Rainer Schaller stellt Überwachungsvideos vom Tag der Katastrophe ins Netz. Die Polizei reagiert empört.
KÖLN taz | Fünf Wochen nach der Massenpanik auf der Duisburger Loveparade geht der Veranstalter Rainer Schaller in die Offensive. Der Geschäftsführer der Lopavent GmbH hat Montag die Aufnahmen von sieben Überwachungskameras im Internet veröffentlicht. Damit will er seine Behauptung untermauern, für die Katastrophe, bei der 21 Menschen ihr Leben verloren und mehr als 500 verletzt wurden, sei in erster Linie die Polizei verantwortlich.
"Jeder soll sich selbst ein Bild von den Abläufen machen können", sagte Schaller. Er sehe sich als Veranstalter mit in der moralischen Verantwortung und wolle einen Beitrag zur Aufklärung der Katastrophe leisten.
Seines Erachtens verursachten drei Polizeiketten im Zugangsbereich zum Loveparade-Gelände das Unglück, wie er dem Spiegel sagte. "Keiner von uns kann sich erklären, warum die Polizei die Ketten im Tunnel gebildet hat."
Insgesamt 22 Stunden Videomaterial hat der 41-jährige Unternehmer auf die Homepage seiner Firma gestellt. Zu sehen sind Bilder vom Veranstaltungsgelände und von dem Eingangsbereich, in dem sich die Menschenmenge aufstaute. Die Aufnahmen zeigen die Entwicklung bis zur Katastrophe und enden, kurz bevor es die ersten Todesopfer gab.
"Wir bitten um Verständnis, dass wir aus Rücksichtnahme auf die Opfer, die Verletzten, deren Familien und Angehörige sowie die Besucher den Videomitschnitt nur bis 16.40 Uhr veröffentlichen", heißt es dazu auf der Website.
Zu Schallers neuer Strategie gehört auch, dass er zahlreiche Originaldokumente öffentlich macht, darunter die Security-Check-in-Liste, das Ordnerbriefing, Rechnungsbelege über Funkgeräte und ein interner Vermerk der Feuerwehr.
Heftige Kritik an dem Vorgehen Schallers, der mit seiner Billigfitnesskette McFit auch der Hauptsponsor der Loveparade war, kommt vom nordrhein-westfälischen Landesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Frank Richter.
Er kritisierte, die Mitschnitte würden "ohne den entsprechenden Kontext keinen Betrag zur Klärung der Ursachen leisten". Der Veranstalter versuche, sich der eigenen Verantwortung zu entziehen.
"Wenn es Schaller wirklich um eine rückhaltlose Aufklärung ginge, würde er nicht den Ermittlungsbehörden ständig die Arbeit erschweren." Schallers pauschale Vorwürfe an die eingesetzten Polizeibeamten machten "wütend und sprachlos".
Richter ist empört, weil Schaller am kommenden Donnerstag nicht vor dem Innenausschuss des NRW-Landtags erscheint, sondern nur Vertreter seiner Firma schickt. Das sei "feige und unerhört", sagte Richter.
Auch der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, griff den Lopavent-Geschäftsführer an. "Herr Schaller manipuliert und verdunkelt, wo er kann", sagte Wendt der Neuen Osnabrücker Zeitung. "Ihm geht es offenbar nicht um die Wahrheit, sondern nur darum, seinen eigenen Hals zu retten."
Der NRW-Polizeiinspekteur Dieter Wehe wies die Vorwürfe Schallers ebenfalls zurück. "Der Veranstalter hat die Polizei um Hilfe gebeten, weil sein Sicherheitskonzept zusammengebrochen war." Schaller habe zugesagt, die Eingangsschleusen zu schließen. Das sei allerdings nicht geschehen.
Am Donnerstag wird der Landtagsinnenausschuss über die vorliegenden Erkenntnisse zum Handeln der Polizei informieren. An der Sitzung will erstmals auch Duisburgs umstrittener Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) teilnehmen.
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