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Drittklassiges Gegurke

■ Die stille Verzweiflung der Gladbacher Fans schlägt in Zorn um

Mönchengladbach (taz) – Sie wollten ihm alle etwas Gutes tun nach dem 0:1-Debakel gegen Duisburg. Pressesprecher Arnold Küsters gab ihm einen aufmunternden Klaps. Manager Rolf Rüssmann versicherte ihm das uneingeschränkte Vertrauen. Und selbst der Gästetrainer fand für die desaströse Leistung der Borussia aus Mönchengladbach noch anerkennende Worte. Doch helfen, trösten, aufbauen konnte Bernd Krauss das alles nicht. „Danke, Friedhelm, daß du uns so gutredest“, entgegnete der Coach der Mönchengladbacher mit merklich belegter Stimme, „das ist sehr nett von dir.“

Das war's aber auch schon an Nettigkeiten an diesem Nachmittag am Bökelberg. Besonders die Fans in der Nordkurve, für ihre ansonsten unverbrüchliche Treue geradezu berüchtigt, zeigten, daß sie auch anders können. „Eure Leistung kotzt uns an“, ließen sie ihre kickenden Helden schwarz auf Transparentweiß wissen. Und unterstrichen ihren Unmut mit stillem Protest. Die ersten fünf Minuten der Partie verfolgten Tausende Kuttenträger mucksmäuschenstill mit dem Rücken zum Spielfeld. „Kein Pfeifen, kein Buhen, nur Mißachtung bei völliger Ruhe!“ hatte das Gladbacher Fanprojekt als Parole ausgegeben. Als Strafe für „die grauenhafte Einstellung unserer Spieler“.

Die solcherart Brüskierten hatten unter der Woche bereits in den Zauberkasten gegriffen. Zum Beweis, daß sie sich nicht auseinanderdividieren lassen und außerdem aggressiver sind, als es zwölf Tore in fünfzehn Begegnungen andeuten, waren die Borussen-Kicker gemeinsam zu einem Coiffeur marschiert. Der hatte ihnen einen einheitlichen und martialisch anmutenden Gascoigne-Gedächtnis- Putz verpaßt. Doch auch mit windschnittigem Kurzhaar fußballerten die Borussen langweilig, ideenlos und übernervös daher. Beinahe hätten sie sich mit drittklassigem Gegurke gar ein unverdientes Remis erstritten – da nutzte Marin einen Neun-Blackout zum 0:1.

Gladbach war in den tiefen Ligakeller geplumpst, die Fangemeinde aufgebracht – „Wir können uns selbst verarschen“, sangen sie nach Spielende vor der Geschäftsstelle. Und Bernd Krauss war den Tränen nahe. Seine Dienstzeit in Mönchengladbach droht, allen Dementis zum Trotz, zu Ende zu gehen. Holger Jenrich

MSV Duisburg: Gill - Emmerling - Reiter, Nijhuis - Wolters (64. Salou), Wohlert, Vana, Zeyer (75. Hirsch), Puschmann - Marin (88. Hopp), Osthoff

Zuschauer: 26.900; Tor: 0:1 Marin (84.)

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