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Dritte Stufe der Gesundheitsreform verabschiedet

■ Im Bundestag gab es mehr Diskussionsbedarf zum Sparpaket als zur anstehenden Reform der Krankenhäuser. Dreßler (SPD): „Weg in die Zwei-Klassen-Medizin“

Bonn (AP) – Der Bundestag hat gestern in Bonn die lange auch innerhalb der Koalition umstrittene dritte Stufe der Gesundheitsreform gegen die Stimmen der Opposition verabschiedet – allerdings nur vorläufig. CDU/CSU, FDP und SPD hatten bereits vereinbart, daß die Gesetze im Vermittlungsausschuß noch einmal überarbeitet werden. Überlagert wurde zudem die Reformdebatte durch die Auseinandersetzung um das in erster Lesung behandelte sogenannte Beitragsentlastungsgesetz aus dem Sparpaket der Bundesregierung. Als „sozialpolitische Kürzungsorgie“ und „Weg in die Zwei-Klassen-Medizin“ bezeichneten SPD und Grüne das Paket. Rudolf Dreßler (SPD) warf der Koalition vor, die Absicherung der Menschen solle durch das bestimmt werden, was finanz- und wirtschaftspolitisch übrig bleibe. Die soziale Sicherheit werde ausgehöhlt, die Rationalisierungsreserven des Gesundheitswesens dagegen nicht genutzt.

Nach dem Beitragsentlastungsgesetz sollen die gesetzlichen Krankenkassen für nach dem 31. Dezember 1978 geborene Versicherte in der Regel keinen Zuschuß für Zahnersatz mehr zahlen. Der Zuschuß für ein Brillengestell von 20 Mark soll gestrichen werden. Kuren dürfen nur noch drei Wochen dauern, bei einem Mindestabstand von drei Jahren. Das Krankengeld ab der siebten Krankheitswoche soll um zehn Prozent gekürzt werden. Gesundheitsförderung dürfen die Kassen nicht mehr aus dem Beitragsanteil der Arbeitgeber mitfinanzieren, sondern nur noch aus Beitragsaufschlägen vom Versicherten allein. Schließlich sollen die Krankenkassenbeiträge für das laufende Jahr gesetzlich festgeschrieben und zum 1. Januar 1997 um 0,4 Prozentpunkte gesenkt werden. Damit sollen die Einsparungen von 7,5 Milliarden Mark an Versicherte und Arbeitgeber zurückfließen.

Die Gesetze zur Gesundheitsreform sollen unter anderem die Selbstverwaltung stärken und so mehr Wirtschaftlichkeit ermöglichen. Für die Krankenhäuser werden Gesamtbudgets festgelegt, um die überproportionalen Kostensteigerungen zu stoppen.

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