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Dreifaches Amüsement

■ „Les Frères Checkolades“, „Loma“ und „Benny“ spüren im Hafenklang mehr oder minder adoleszentem Pop nach

Sie sehen nicht nur ungemein charmant aus, entsprechende Attribute umgeben auch ihre Musik wie ein Schwärmen. Das ambitionierte Hamburger Syn-thie-Pop-Trio Les Frères Checkolades braucht sich, so könnte man meinen, um den Erfolg demnächst keine Sorgen mehr zu machen. Nach zahlreichen Auftritten und einer (inzwischen vergriffenen) Single erscheint jetzt das Debütalbum beim hiesigen Vorzeige-Old School-Pop-Label Marsh Marigold. Dessen internationale Verbändelungen verhießen in der Vergangenheit wiederholt gute Ausgangsbedingungen für ordentlichen Absatz beim einschlägigen Wimp-Pub-likum, und das nicht nur hierzulande.

Mit den Frères Checkolades hat man nun eine Spielart mit einschlägigen Stereotypen jonglierender Frankophilie im Programm. Im Vergleich etwa mit den rasch herbei assoziierten Stereo Total, mit denen bereits diverse Konzerte bestritten wurden, setzt die – laut Selbsteinschätzung – „erste französisch singende Boygroup“ dabei weniger auf offenliegenden Trash-Charme denn auf jene Klischees aus der linksrheinischen Nachbarschaft, wie sie spätestens die La Boum-Filme einer ganzen Generation Adoleszenter in die kollektive Wahrnehmung gepflanzt haben. Brillant mit Multiplication de l'Amusement betitelt, bietet das Trio auf seinem Album wiederum momentweise Gesten großen Songwritings in detailgenauem 80er-Synthiesound, der „glücklicherweise schon mal schwer rumort wie bei Suicid“, wie andernorts schon treffend geschrieben wurde. Dazu ein gelegentlich hereinschnalzender Discobass und strahlend vorgetragene Texte über die allwochenendliche Jagd nach dem letzten Bus („Superdisco“) und, immer wieder, die frühlingshafte vermeintliche Liebe des Lebens. Auch wer, wie der Autor, mit seinen zeitgenössisch-pubertären Frankreichaufenthalten eher verstörende denn amouröse Erinnerungen verbindet, zieht da weitgehend neidlos und beinahe unsentimental den Hut.

Zwei mehr oder minder sentimentale weitere Popentwürfe ergänzen das heutige Abendprogramm. Loma machen toll scheppernden 80er-Kunsthochschul-wave und singen dazu Texte, die nicht verstanden werden wollen, denn sie sind in einer Fantasiesprache verfasst, heißt es – und haben das die Art-Rock-Franzosen Magma vor rund drei Jahrzehnten nicht auch schon betrieben? Ob Loma ihre Stücke also von Einhörnern oder der olympischen Idee handeln lassen, muss hier offen bleiben.

Benny schließlich lassen zwar in Namen und entsprechenden Gürtelschnallen (!) Jugendzimmer- und Ferienlagergefilde anklingen, beschreiben die eigene Musik indes ungleich gefasster mit den Eckpunkten Tindersticks und Low – und möchten noch erwähnt wissen, dass ihre Schlagzeugerin, bekennender Wladimir-Klitschko-Fan, zum Sieg gratuliert. So so. Alexander Diehl

heute, 21 Uhr (pünktlich), Hafenklang

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