: Drei israelische Rekruten erstochen
■ Der Anschlag eines palästinensischen Kommandos galt einem Militärlager im israelischen Kernland/ Täter konnten unerkannt entkommen/ Israelische Luftwaffe übt im Südlibanon „Vergeltung“
Tel Aviv (afp/taz) — Bei israelischen Luftangriffen auf zwei palästinensische Flüchtlingslager in Südlibanon sind nach Angaben der libanesischen Armee vier Menschen getötet und sechs verletzt worden. Der Angriff gilt als ein Vergeltungsschlag für die Ermordung dreier israelischer Rekruten in der Nacht zum Samstag durch ein palästinensisches Kommando. Israelische Kampfhubschrauber begannen am Samstag gegen Mitternacht das Flüchtlingslager Ain Heloue zu beschießen. In diesem östlich von Saida gelegenen größten Palästinenserlager in Libanon leben 80.000 Menschen. Bei den Opfern des Luftangriffs handelt es sich um eine Frau und drei Kinder. In dem ebenfalls angegriffenen Lager Rashidija entstand nur Sachschaden.
Das Lager Ain Heloue diente der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) eine Zeitlang als Stützpunkt. Als die libanesische Armee im vergangenen Sommer die Kontrolle über das Camp übernahm, wurden alle dort stationierten Luftabwehrraketen und schweren Waffen entfernt. Damals weigerten sich die Palästinensischen Einheiten zunächst — genauso wie die anderen libanesischen Milizen — entwaffnet zu werden, da sie fürchteten, israelischen Angriffen schutzlos ausgeliefert zu sein. Im vergangenen Jahr kamen bei 23 israelischen Luftangriffen im Südlibanon 31 Menschen ums Leben.
Der israelische Angriff ereignete sich nur 24 Stunden nach dem Mord an drei israelischen Soldaten. Die Soldaten waren in einem Ausbildungslager der israelischen Armee nördlich von Tel Aviv erstochen worden. Es wird vermutet, daß es sich bei den Tätern, die fliehen konnten, um eine Gruppe der „Schwarzen Panter“ handelte. Diese Gruppe wird der Fatah, der größten Gruppierung innerhalb PLO, zugerechnet. Die Opfer sind allesamt Einwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion, die sich in ihrer Grundausbildung befanden. Es wird erwartet, daß dieser Vorfall die weitere Einwanderung und den bevorstehenden Wahlkampf beeinflussen wird. Eine neugegründete russische Einwandererpartei, „Da“, forderte, daß die Armee die Frage des Schutzes für neu rekrutierte Einwanderer, die über keine Kampferfahrung verfügen, überprüft.
Hunderte von Soldaten durchkämmten in einer Großfahndung das Gebiet um Jenin im Westjordanland und durchsuchten dortige Häuser. Zwanzig Palästinenser wurden festgenommen. Es wird vermutet, daß das Kommando aus diesem Gebiet gekommen war. Die israelische Presse diskutierte unterdessen am Sonntag vor allem die Frage, warum es dem palästinensischen Kommando gelungen ist, sich unerkannt zurückzuziehen. Die israelische Zeitung 'Haarez‘ bezeichnete den Zwischenfall als einen der ärgsten Versäumnisse in der Geschichte der israelischen Sicherheitsroutine. Die 'Jerusalem Post‘ beklagte die Unterschätzung der palästinensischen Operationsfähigkeit seitens der Armee. Besonders die erfolglose Fahndung wurde kritisiert. Überfälle auf Militärlager im Kernland Israels, wie der jetzige auf das südöstlich von Haifa gelegene Lager, sind relativ selten. Ziele waren bisher meist Militärcamps in den von Israel besetzten Gebieten. A.W.
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