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Drei Krankenhäusern droht Schließung

■ Gaertner will 500 Bremer Klinikbetten abschaffen

Gesundheitssenatorin Irmgard Gaertner will in Bremerhaven ein ganzes Krankenhaus und in Bremen zwei Spezialkliniken schließen. In Bremerhaven soll das vom Roten Kreuz betriebene „Krankenhaus am Bürgerpark“ aufgegeben werden. In der Stadt Bremen ist für die kommenden zwei Jahre der Abbau von 532 der insgesamt 5743 Betten in den zehn Krankenhäusern vorgesehen. Besonders betroffen von dieser Kürzung sind die Privatkliniken „Dr. Heines“ in Oberneuland und „Paracelsus“ in der Vahr. Sie sollen je rund ein Drittel ihrer öffentlich geförderten Betten verlieren und müssen deshalb womöglich ganz geschlossen werden.

Gaertners Pläne sind Bestandteil eines „Krankenhaus-Bedarfsplanes“, der Mitte November an die Krankenhausleitungen im Land Bremen und an den Bremerhavener Magistrat verschickt worden war. Bis Dezember haben die Kliniken Zeit, Stellungnahmen dazu abzugeben; im Januar soll dann endgültig über den Bettenabbau entschieden werden.

Die deutlichen Überkapazitäten in den bremischen Krankenhäusern sind Folge des neuen Gesundheitsstrukturgesetzes. Insbesondere in der Chirurgie und der inneren Medizin sind dadurch die Behandlungszeiten im Krankenhaus stark zurückgegangen.

Während die großen Krankenhäuser mit dem von der Gesundheitssenatorin verordneten Bettenabbau-Konzept relativ gut zurecht kommen werden und „grundsätzlich zugestimmt“ haben (St.-Jürgen-Verwaltungsdirektor Bremermann), erwartet Irmgard Gaertner bei den kleinen Privatkliniken und in Bremerhaven „noch viel Knatsch“. Denn schließlich sei es nicht möglich, bei gleichen Personalkosten einfach Betten abzubauen. Und auch das Schließen einer ganzen Spezialklinik innerhalb eines Krankenhauses „geht nicht so einfach“. Denn die Grundkosten für Verwaltung, Technik und Investitionen würden eben nicht automatisch im gleichen Umfang sinken wie die bei verminderter Bettenzahl sinkenden Einnahmen.

„Trotzdem führt kein Weg an der Bettenreduzierung vorbei“, meint die Gesundheitssenatorin. Schließlich ist auch für die Zukunft eher eine Zunahme ambulanter Behandlungen zu erwarten, die weitere Stationsbetten überflüssig machen würde. Und auch die Bremer Bevölkerungszahl werde nach allen Prognosen weiter sinken.

Parallel zu den Kürzungen bei den öffentlich geförderten Klinikbetten droht den Bremer Krankenhäusern auch noch ein Einbruch bei den Investitionsmitteln. „Die von Ihnen vorgenommenen Reduzierungen verringern das Investitionsvolumen auf ein von mir nicht mehr zu akzeptierendes Volumen“, schrieb Gesundheits-Staatsrat Hoppensack erst Ende Oktober an Finanzsenator Manfred Fluß. Anlaß war dessen mittelfristige Finanzplanung bis 1998, in der Fluß den angemeldeten Bedarf für Klinikinvestitionen um über ein Drittel der 20 Millionen Mark jährlich zusammengestrichen hatte. „Damit ist es nicht möglich, die erforderlichen Investitionen durchzuführen“, heißt es definitiv in dem Brief .Besonders schlimm wäre die Zentralklinik St.-Jürgen-Straße von einer Investitionskürzung betroffen. Selbst die „Erhaltung der Bausubstanz“ wäre „ernsthaft gefährdet“, schreibt Hoppensack weiter. Und der auch aus wirtschaftlichen Gründen „unvermeidliche“ Bau einer zentralen OP in der St.-Jürgen-Straße würde sich bei gekürzten Mitteln „erheblich verteuern“, da „Kosten der Zwischenfinanzierung zusätzlich anfallen werden“.

Gesundheitssenatorin Gaertner wird den Streit um die Krankenhaus-Finanzierung nur noch bis Oktober 1995 führen. Am Montag abend kündigte die 64jährige Politikerin an, daß sie nach der Bürgerschaftswahl ein „Sabbatjahr“ einlegen will. Danach werde sie wieder politisch arbeiten – aber nicht mehr als Bremer Senatorin. Ase

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