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Drang nach Osten...

■ ...bang vorm Osten: Die Presse soll in Bonn bleiben, wenn die Regierung gen Berlin zieht

Nur über die Feuerleiter gelangten am vergangenen Dienstag Bundeskanzler Kohl und Ministerpräsident Modrow in den von Journalisten überfüllten Saal der Bundespressekonferenz. Vor dem regulären Eingang drängelten sich nämlich undurchdringlich die Zukurzgekommenen. Sie mußten mit einer Monitorübertragung der Pressekonferenz vorliebnehmen. Kollege Wolfgang Herles vom ZDF ließ dabei seiner Meinung über Modrow freien Lauf: „Arschloch“ rief er, und noch einmal: „großes Arschloch“. Einen scheel blickenden Kollegen blaffte er an: ob er etwa „aus dem Osten“ sei. Als der Journalist verneinte, empfahl er ihm, „dann gehen Sie doch nach drüben“. Wenige Stunden später hatte sich Wolfgang Herles beruhigt. In einem Interview titulierte er Modrow brav als „Herr Ministerpräsident“. * * *

Eine besondere Initiative startete Helmut Lölhöffel, Bonner Korrespondent der 'Frankfurter Rundschau‘. Für die Jahresversammlung der Bundespressekonferenz am kommenden Montag formulierte er den Antrag, die Mitglieder mögen Bonn als Sitz der Organisation bekräftigen. Hintersinn ist nicht nur, daß man auf das gewisse Abhängigkeitsverhältnis der publicitygierigen Politiker von der Journaille anspielt: Was passiert, wenn Parlament und Regierung nach Berlin ziehen und die Presse einfach hierbleibt? Unter den bisher zwei Dutzend Unterschriften finden sich freilich alle politischen Positionen: Einige sind aus politischen Gründen gegen eine Hauptstadt Berlin, andere sorgen sich ums Eigenheim am Rhein oder ihre Jobs. Er wolle mit dem Antrag „Nachdenklichkeit erzeugen“, sagt Helmut Lölhöffel. * * *

Wenn die deutsche Sache so gut im Gedeihen ist, dann sticht manchen der Hafer. Die „Interessengemeinschaft der in der Zone enteigneten Betriebe e.V.“ hat sich in Bonn mit dem Wunsch nach Rückgabe zu Wort gemeldet. In strammer Trachtenjacke saßen die Herren in Bonn und blickten begierig nach Osten. Von dort wollen sie jede Scholle und jeden Betrieb wiederhaben, den sie einst verloren. Wie sie kundtaten, hätten sie sich bereits auf ihren ehemaligen Gütern umgetan und manches für verwertbar gefunden. Doch die Enteigneten, etliche von ihnen aus der nachgewachsenen Generation, wollen nicht gerade jeden Schrott: Es dürfe keiner zur Rücknahme seines früheren Eigentums gezwungen werden, merken sie an. Eines aber wollen die Patrioten ausschließen: Ihre Ansprüche dürften „nicht die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten gefährden“.

Gerd Nowakowski

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