: Draculas Geheimnis
■ V O R L A U F
(Dracula, 23.25 Uhr, Bayern 3) Dracula - neben Frankenstein wohl die berühmteste Figur des Horrorgenres - geht zurück auf den im Jahre 1897 erschienenen gleichnamigen Schauerroman des irischen Schriftstellers Bram Stoker. In der Titelfigur des Romans vermischen sich dämonische Motive der römischen und griechischen Mythologie, alte Volkssagen über vampirhafte Ungeheuer und die historisch verbürgte Geschichte des despotischen Fürsten Vlad Dracole, der am Ende des 15. Jahrhunderts mit grausamer Härte gegen seine Feinde vorging. Stokers Dracula ist ein blutsaugender Untoter, der in Gestalt eines vornehmen Adligen zunächst sein Heimatland Transsylvanien, dann ganz England tyrannisiert. F.W. Murnau verarbeitete diesen Stoff erstmals 1922 in seinem Stummfilmklassiker Nosferatu - Eine Symphonie des Grauens. Seither haben sich zahlreiche große Regisseure und Trashfilmer an dem Blutsaugerstoff versucht. Das Internationale Lexikon des Films nennt 24 verschiedene Dracula-Versionen, und das Sience-fiction -Lexikon kennt noch ein paar obskure Titel mehr.
Der Bayrische Rundfunk zeigt heute eine der jüngsten Verfilmungen von Regisseur John Badham, der SF-Fans wohl eher durch seinen Kinoerfolg War Games bekannt ist. Sein Draculadarsteller Frank Langella durfte viel Sex-Appeal in das Treiben des mörderischen Grafen einbringen und so das Vamp im Vampir betonen. Dabei ist Dracula im Grunde impotent. Das behaupten jedenfalls die Autoren des Kultfilme-Buches. Es sei eine Impotenz, die sich mit den Symbolen von Liebe und Tod eindunkelt. Der geheime Sinn dieser Verdunklungsphantasie: „Im tarnenden Spiel zwischen Licht und Schatten, Tag und Nacht vermischen sich in Dracula männliche und weibliche Motive, nimmt das androgyne Ideal Gestalt an. Das traditionelle Rollenspiel erscheint so als vom Tode überhauchte Erotik.“
Wollte Dracula also in Wirklichkeit immer gern ein Mädchen sein? Heute abend betört er mit seinem melancholischen Charme jedenfalls mehr die Frauen, während die Männer - in diesem Falle der alte Sir Laurence Olivier in einer seiner letzten Rollen als Prof. Van Helsing - ihn mit Sachverstand unschädlich machen wollen.
utho
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