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■ Die Schwarzfahrer-TheseDoppel- und Eindecker

Mit Beginn des Sommerfahrplans dürfen die Fahrgäste der BVG bei den Bussen in der Mitte einsteigen. Dieses gewichtige Problem beschäftigt die Politiker der Stadt schon seit fünf Jahren. Doch statt zu einer großzügigen Regelung zu kommen, hat sich mal wieder die kleinkrämerische Beamtenseele mit tausend Wenn und Aber durchgesetzt: a) Der Mitteleinstieg gilt nur bei Eindecker, und dies auch nur bis 20 Uhr, dann wird's zu gefährlich. b) In den Doppeldecker muß man weiterhin vorn beim Fahrer klettern, weil es auf der Treppe zum Oberdeck zu Karambolagen zwischen den nach oben und nach unten strömenden Fahrgästen kommen könnte. c) Bei fabrikneuen Doppeldeckern, die künftig über drei Türen verfügen, heißt es: Rein durch die Mitte. Zur Erinnerung: 1988 gab es den Bus-Mitteleinstieg schon einmal. Er wurde aber nach kurzer Zeit wieder abgeschafft, angeblich, weil die Schwarzfahrerzahl drastisch in die Höhe geschnellt war. Tatsächlich, so der Grünen-Abgeordnete Michael Cramer, waren die Busfahrer in den Bummelstreik getreten, weil sie befürchteten, tariflich heruntergestuft zu werden. Die BVG hält jedoch hartnäckig an ihrer Schwarfahrer-These fest und will jetzt 1.000 zusätzliche Kontrolleure einsetzen. Bleibt zu hoffen, daß alle Fahrgäste einen Eindecker vom Doppeldecker unterscheiden können. Unter uns gesprochen: Selbst Verkehrssenator Herwig Haase (CDU) hat damit Schwierigkeiten. Deshalb hatte die Große Koalition ursprünglich auch eine einheitliche Regelung für alle Busse beschlossen, vermochte sich aber nicht gegen die kleine BVG durchzusetzen. Jetzt bleibt dem 1,90 Meter großen Haase beim Nahen des Busses nur noch eins. Er muß sich auf die Zehenspitzen stellen. „Über einen Eindecker“, verriet er im Verkehrsausschuß, „kann ich drüberblicken.“ Plutonia Plarre

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