: Donkeykong schlägt zurück
Die Hersteller von Videospielen kämpfen um einen Markt, der mindestens vier Milliarden Mark in Deutschland bietet. Wer die Schlacht gewinnt, entscheidet sich im Weihnachtsgeschäft ■ Von Ute Mattigkeit
Berlin (taz) – Der Spielzeugkrieg im anstehenden Weihnachtsgeschäft ist programmiert. Industrie und Handel gehen davon aus, dass sich ihre Kunden vor allem auf Videospiele für PC, Gameboy oder Konsole, einer weiteren Hardware-Plattform für Spiele, stürzen werden. Hiermit setzte die Branche allein 1998 über vier Milliarden Mark um und erreichte erstmals Platz 1 des deutschen Spielwarenmarktes.
Traditionelle Spielware kam dagegen im Vorjahr zusammen auf einen Umsatz von 4,8 Milliarden Mark. „Das enorme Wachstum bei den Videogames kompensiert den kontinuierlichen Rückgang traditioneller Spielware“, bilanziert Sidiropoulos Efthimios von der Spielwarenhändlervereinigung „Idee und Spiel“.
Der Kampf der drei Großen im Videogamegeschäft – Sony, Nintendo und SEGA – um die Gunst der actionhungrigen Fangemeinde geht in diesem Herbst in eine entscheidende Phase. Mitte Oktober hat der japanische Elektronikkonzern SEGA mit viel Tamtam seine neue onelinetaugliche Konsole „Dreamcast“ in Europa auf den Markt gebracht. Mit ihr hofft der angeschlagene Konzern Marktanteile zu gewinnen, nachdem seine letzte Spielekonsole 1995 unter anderem aufgrund von Marketingfehlern floppte. Schätzungsweise zwei Milliarden Mark Entwicklungskosten für Dreamcast und ein Marketingbuget, das allein in Deutschland 15 Millionen Mark umfasst, würden SEGA im Falle eines erneuten Misserfolges in arge Bedrängnis bringen.
Dreamcast soll mit seiner 128-Bit-Technologie mindestens zehnmal schneller als die Konkurrenz sein. Nach erfolgreichem US-Start gibt sich SEGA auch nach der Markteinführung in Europa zuversichtlich: „In den ersten vier Verkaufstagen lag die Stückzahl europaweit schon bei 185.000, 33.000 davon allein in Deutschland. Das hat unsere Erwartungen übertroffen“, jubelt Ute Richter von SEGAs PR-Agentur.
Doch Sony und Nintendo scheinen gegen die Offensive des Konkurrenten gut gerüstet zu sein. Mit einer 30 Millionen Mark teuren Marketingkampagne und rund 30 neuen Spielen will Marktführer Sony bis Weihnachten ein „Software-Feuerwerk gegen Dreamcast zünden“, so Jürgen Krenz von Sony Entertainment Deutschland. Bis Ende des Jahres erwartet der Konzern 4 Millionen Kunden für seine erfolgreiche „Playstation“-Konsole, deren Nachfolgerin „Playstation 2“ bereits in Japan vorgestellt wurde und im Herbst 2000 in Deutschland zu haben sein soll.
Auch Nintendo setzt seine Software gegen die SEGA-Offensive. Mit „Donkeykong“ und dem Verkaufshit „Pokemon“ will Nintendo in den Kampf ziehen. „Software verkauft Hardware. Nicht anders herum“, heißt die Devise. Außerdem arbeitet Nintendo ebenfalls an einer neuen Konsole, die zeitgleich mit Sonys Playstation 2“ starten soll. Wer die Herbstschlacht gewinnen wird, entscheidet das Weihnachtsgeschäft. Christoph Holowaty vom Fachmagazin MCV glaubt, dass Dreamcast Marktführer Sony nicht den Rang streitig machen kann. „Dass sich Freaks die Dreamcast-Konsole auf jeden Fall kaufen, war klar. Entscheidend werden die nächsten Monate.“ Holowatys Prognose: „Playstation macht das Rennen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen