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Doku über deutsche Entertainer-IkoneDas deutsche Trauma weggelacht

20 Millionen Zuschauer schauten zu, wenn Heinz Schenk die alte BRD mit Nonsens und sexistischen Witzen unterhielt. Eine Doku erinnert an sein Werk.

Lia Wöhr als Wirtin und Heinz Schenk als Oberkellner in der Sendung „Blauer Bock“ des Hessischen Rundfunks, am 01. 05. 1979 Foto: Karl Staedele/dpa

Man kannte ihn. Es war ja auch wirklich schwer, an Heinz Schenk vorbeizukommen. Drei TV-Programme gab es damals in der alten Bundesrepublik. Im Ersten sang man, witzelte und trank Äppler aus dem Bembel, im ZDF kam vielleicht ein US-Spielfilm in der xten Wiederholung und das Dritte lieferte eh noch kein vollwertiges Programm.

Und so kam es, dass nicht selten 20 Millionen Menschen eingeschaltet hatten, wenn Heinz Schenk zu seiner Show „Zum Blauen Bock“ lud. Ein Phänomen, dem sich der hessische Rundfunk mit einer Doku zum 100. Geburtstag dieses Königs der Schlüpfrigkeiten zu nähern versucht.

Einer Frau allzu offensichtlich in den Ausschnitt starren, eine kleine Anzüglichkeit darüber, wie das Eheleben unter der geteilten Bettdecke aussehen kann oder irgendeine Bemerkung über die Qualifikation von Frauen beim Einparken von Autos: Auf Schenk war Verlass.

Die unmöglichsten Pointen reihte der Sprücheklopfer, der seine Haare mit feinster Brillantine fest am Schädel zu befestigen pflegte, aneinander. Er wusste genau, was er da in den sagenhaften 208 Ausgaben seiner Show von den 1960er- bis 1980er-Jahren präsentiert hat. Und dass man eigentlich nicht sagen durfte, was er da abgesondert hat.

„Der 20 Millionen Mann – Entertainer Heinz Schenk“, 20.15 Uhr, HR oder Mediathek

Und so nuschelte er nach seinen billigen Pointen immer etwas ins Mikro, das wie eine Entschuldigung klang: Ist doch nicht so ernst gemeint. Die Botschaft war klar: Wir sind anständige Leute und wollen hier bloß einmal unseren Spaß haben.

Den sieht man den Menschen an, die in den Ausschnitten, die Regisseur Sven Waskönig zusammengestellt hat, kräftig mitklatschen, wenn Schenk oder seine Gäste einen volkstümlichen Schlager vortragen und ihre Körper in Wallung bringen, als wären sie leistungsorientierte Schunkler. Oder wenn Freddy Quinn sie mitnimmt zu einem frivolen Ausflug auf die „Reeperbahn nachts um halb eins“.

Typisch deutsche Geschichte

Es ist zu sehen, wie sie sich diebisch freuen, wenn die vier schwarzen Männer des Golden Gate Quartetts das deutsche Volkslied „Schwarzbraun ist die Haselnuss“ vortragen. Grauenhaft? Schon. Aber auch nachvollziehbar. Das meint Tina Bode in der Doku, die Publizistin, die sich Zeit ihres Schaffens mit den Leiden der Kriegsgeneration beschäftigt hat. Die Leute wollten weglachen, -klatschen, -trällern, was sie erlebt und getan hatten.

Schenk hat auch so eine typische, deutsche Geschichte. Über die hat er nur ungern gesprochen. Er war Soldat und kam aus einer Familie, die man zu seiner Zeit wohl als zerrüttet bezeichnet hätte. Mit seiner Frau Gerti lebte er in einer Villa mit Swimmingpool in Wiesbaden, die so Gelsenkirchnerisch barock eingerichtet war, dass man sie auch zu seinen Lebzeiten gewiss nicht als nobel bezeichnet hätte.

Kinder hatte das Paar nicht. Warum eigentlich nicht, wird er einmal gefragt. Sie hätten es schon probiert, so sei es ja nicht, antwortet Schenk mit geschürzten Lippen und erntet einen Lacher. Ein echter Schenk.

Wer das nicht ausgehalten hat, konnte sich bald umorientieren. Die Zahl der Sender wuchs. Freunde der Beatmusik hatten sich da längst aus der Schlagerhölle des „Blauen Bocks“ verabschiedet, in denen Gewächse wie das Volksmusikduo Marianne und Michael ihre ersten großen Auftritte hatten.

Auch wenn Schenk in der Doku als aus heutiger Sicht beinahe unerklärliches Phänomen geschildert wird, das mit der letzten Sendung ein Ende gefunden hat, so lebte er doch weiter in all den Volksmusiksendungen, den Ballermannschlagern, dem besoffenen Sexismus, der in alkoholgetränkter Stimmung in Bierzelten bei einem zünftigen „Leyla“ laut herausgegrölt wird.

Es kann eben auch heute noch so schrecklich lustig sein wie zu Heinz Schenks Zeiten. Darauf einen Äppler!

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11 Kommentare

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  • Gideon , Moderator*in

    Vielen Dank für eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen. Die Moderation

  • Heinz Wäscher war nicht schlecht, aber ansonsten furchtbar.

  • Was soll dieses über einen herziehen, der sich ( da Tot ) nicht mehr dagegen wehren kann.

    So war halt das Fernsehen in den 70iger und 80iger, jetzt nochmal



    nachtreten, ist einfach nur unanständig.

    Wer die Doku nicht anschauen will, den bleiben X-Möglichkeiten sich was anderes rein zu ziehen oder die Glotze halt einfach mal



    auslassen.

  • "Kinder hatte das Paar nicht. Warum eigentlich nicht, wird er einmal gefragt. Sie hätten es schon probiert, so sei es ja nicht, antwortet Schenk mit geschürzten Lippen und erntet einen Lacher. Ein echter Schenk."



    Da hat Herr Rüttenauer aber die Situation so gar nicht erfasst. Ich habe die Doku gesehen und war sehr über diesen Ausschnitt aus "Zimmer frei" überrascht. Frau Westermann fragt Heinz Schenk tatsächlich, warum er denn keine Kinder hätte. Über diese unglaublich taktlose Frage sollte man sich eher empören. Wie hat man so etwas fragen können, man sollte doch wissen, dass ungewollte Kinderlosigkeit traumatisch sein kann. Man merkt der Antwort von Schenk auch an, dass er sehr ungehalten über diese Frage war. Von wegen Lacher.

  • Komischerweise habe ich die damalige Zeit in gewisser Weise als freier als heute in Erinnerung. Ja, es gab diese Schlüpfrigkeiten, die man mit Recht heute als unangemessen betrachtet (neben Schenk hatte z.B. H.J. Kuhlenkampff die berüchtigte Tendenz zu solchen "Scherzen"). Andererseits waren die Shows damals irgendwie entspannter und nicht künstlich mit Bedeutung aufgebläht.



    Den Vergleich mit "Leyla" finde ich entsprechend etwas unangemessen, denn ein gewisser Grundrespekt und unausgesprochene Regeln des Sagbaren waren immer vorhanden. Entsprechend wären entwürdigende Witze über Ausländer, Behinderte bzw. ein kalkulierter Tabubruch oder Demütigungen ala Dschungelkamp nur um der Quote willen nicht denkbar gewesen.

    Was die Problematisierung "Kriegsgeneration" betrifft nur der Hinweis, dass in den 70er Jahren Hans Rosenthal (jüdischer Überlebender der Verfolgung durch die Nazis) der beliebteste Moderator der BRD war und sich neben seinen Shows auch intensiv für die jüdische Interessen eingesetzt hat. Bin mir unsicher, ob wir in dieser Hinsicht nicht eher Rückschritte zu verzeichnen haben, aber vielleicht verklärt man ab 50 die Vergangenheit.

  • Was für ein dünkelhafter Beitrag.



    Mehr platte Vorurteile über die deutsche Nachkriegsgeneration lassen sich kaum in einem Beitrag zusammenfassen.



    Und das muss ich sagen, der Dank seiner Eltern viele Folgen am heimischen Fernseher verfolgen und ertragen musste.



    Übrigens durfte man damals noch schlüpfrige Witze machen, es war nicht mal ansatzweise Zweifelhaft oder verboten.



    Es war leichte Unterhaltung und sollte auch nichts anderes sein.

    Mein letztes Mal, dass ich ihn in Wiesbaden sah, war übrigens beim Elektrofachhändler als er in hohem Alter mit dem Verkäufer über die Einstellungen der Kompressionsraten bei MP3 Dateien und deren Auswirkungen beim Klang philosophierte.

  • Früher, in den 70ern war man eben nicht so verklemmt wie heute. Der Blaue Bock war ein buntes Programm mit Opern/Operettenkünstler, Schlagerstars und hessischen Einheimischen Künstlern. Und natürlich mit Äppelwoi. Bei aller Kritik, man sollte Sendungen von damals aus dem Blick von damals betrachten.

  • Als wenn es im Beat-Umfeld damals weniger sexistisch zugegangen wäre. Und heute ist es bestimmt nicht wirklich besser.

    Das war halt eine verklemmte Gesellschaft damals und Heinz Schenk bot ein paar Ventile den Druck abzulassen.

  • Much all weesen - never seen! But.

    “ Wer war die Wirtin zum blauen Bock?



    Lia Wöhr - war die erste Frau, die sich beim Deutschen Fernsehen als Produzentin betätigte. Sie produzierte neben der Äppelwoisendung Zum Blauen Bock, wo sie auch die Frau Wirtin als freundliche Gastgeberin spielte, auch Bachs Johannespassion und den Feuervogel von Strawinsky.“

    Da wird mit denn doch klar - warum ich im Nachlass von Hera der Göttermutter & Wagnerianerin - eine Lia-Wöhr-Postkarte fand - von der feschen Lola - Fach Sopranette.



    Die mir verheiratet in 🇸🇪 - mir Stockholm näherbrachte.

  • Die alte BRD war eine Schlagerhölle mit wenigen Nischen. Man hat nämlich nicht nur weggelacht, man hat privat weitergemacht.

    • @aujau:

      Selbst heute singen/grölen Jugendliche auf Partys die deutschen Schlager. Das geht nämlich immer!