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NormalzeitDiskussionsmoden

■ Von Helmut Höge

Was dem bürgerlichen und alternativen Feuilleton das sloterdijksche „Fuckwork Orange“ ist dem subproletarischen und intelligenzlerischen Flyer-Wesen der robertkurzsche „Zusammenbruch aller Systeme“.

Aus dem marxistischen Nürnberger Trendforscher-Zentrum kommt dazu soeben ein „Manifest gegen die Arbeit“, das teils heftig diskutiert, teils gar nicht ignoriert wird. Dazu ihr Buch „Feierabend“. Gleichzeitig annoncierten die wiedervereinigten „Sklaven“ minus der daran bisher beteiligten Frauen ihr neues Periodikum Gegner.

Beide Titel gehen auf den im Prenzlauer Berg als besonders vorbildlich geltenden linken toten Schriftsteller Franz Jung zurück. Der Autor der Biografie „Torpedokäfer“ – so heißt auch die Kneipe des Basisdruck-Verlags, in dem der Gegner herausgegeben wird – hat mit diesem Titel seinen publizistischen Aktionismus auf den Begriff bringen wollen. Der Anarchofilmer Achternbusch machte daraus später: „Du hast keine Chance, nutze sie!“

Im Gegensatz dazu setzen die Nürnberger Marxisten ihre ganze Hoffnung auf den Zusammenbruch der Wertökonomie. Am 2. November veranstaltete dazu die Jungle World im Roten Salon der Volksbühne eine große Diskussionsveranstaltung ohne Mikro. Counterpart von Robert Kurz war hierbei der „Glückliche Arbeitslose“ Guillaume Paoli.

An Flyern gab es: vom Tacheles verteilte „Erläuterungen zum 'Arationalen Arbeitsbegriff‘“ („das abliefern, was du wirklich leisten kannst“). „Arbeit, Geld und (Über)Leben“ – vom Autonomen Seminar der Sozialwissenschaftler an der Humboldt-Uni (u.a. über den Begriff der „Tätigen Muße“ von Ernst Bloch). Und „Arbeit macht das Leben süß“ vom Kreuzberger „Netzwerk“ (u. a. Frithjof Bergmanns Konzept des „new work“). Die marxistische Krankenschwester Angelika („Nutten und Nüttchen e.V.“) nannte derlei in der Diskussion abfällig „mikromikroökonomischer Barterhandel“.

Während der rote Korse Paoli primär und generell dabei auf „Experiment und Kommunikation“ setzte, wollte Robert Kurz gleich den gesamten „Bedürfnisstrukturen-Apparat zum Tanzen bringen“. Einer der Zuhörer in der Volksbühne meinte dazu nachdenklich, leichter wäre es, die Ghanaerin von gegenüber – im Sex-Shop – zum Steppen zu bringen.

Eine DGB-Mitarbeiterin verriet mir später: Gewerkschaften, Daimler-Benz und Sozialdemokraten, darunter die Arbeitssenatorinnen, hätten seit der Wende in Berlin derart viele Kongresse über die Zukunft der Arbeit veranstaltet, dass man nun davon ausgehe, Berlin sei diesbezüglich bereits „verbrannte Erde“. Dazu passte, dass die Jungle World als nächstes zusammen mit dem „RefRat“ der Humboldt-Uni eine Diskussion zum Thema: „Jugoslawien – ist erst der Anfang“ veranstalten will – und dafür schon mal Fotos von zerbombten Brücken sowie Industrieanlagen zeigte. Gleichzeitig wurde die Jungle-World-Ausgabe Nr. 44 umsonst verteilt, mit einem molotowwerfenden Indonesier auf dem mehrfarbigen Cover – mit der Schlagzeile: „Mega-Party in Jakarta (nach der Präsidentenwahl)“.

Man erkennt unschwer: die von Dirk Baecker neulich auf einem Kongress über die Arbeit in Bochum geäußerte These von der Arbeit als „Black Box“ lässt sich dahingehend wenden, dass jede Arbeit im Grunde nur n - 1 ist: Aber was getan werden muss, muss getan werden! Notfalls tanzend.

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