Diskussion um Maskenpflicht in Berlin: Berlin soll Maske tragen

Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) will eine Maskenpflicht an belebten Orten. Der Senat will am Dienstag darüber beraten.

Will eine Ausweitung der Maskenpflicht: Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) Foto: picture alliance/Michael Kappeler/dpa

BERLIN dpa | Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci hat sich nach den Bund-Länder-Beschlüssen für eine Ausweitung der Maskenpflicht auf bestimmte Orte im öffentlichen Raum ausgesprochen. „Es gibt Plätze und Straßen in Berlin, wo wir wissen, dass es einfach eng wird“, sagte die SPD-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur.

An solchen Stellen mache das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes auch im Freien Sinn: „Unser Grundprinzip bei allen Maßnahmen ist ja, dass dort, wo Abstand halten nicht möglich ist, die Maske eingesetzt werden muss.“ Sie begrüße es, dass es sich um eine differenzierte, also zeitlich und örtlich begrenzte Maßnahme handle – das sei weniger hart als in manchen anderen Ländern, wo eine Mund-Nase-Bedeckung generell im Freien getragen werden müsse.

Kalayci kündigte an, die Maßnahme bei der Senatssitzung am kommenden Dienstag vorzuschlagen. Eine Liste mit Orten, die für eine Maskenpflicht in Frage kommen, könne man im Fall eines Beschlusses mit den Bezirken erstellen. Die Senatorin nannte als Beispiel etwa die Schloßstraße in Steglitz, wo sich ältere Menschen und Familien drängten. Eine Maskenpflicht gilt in Berlin unter anderem schon in Bussen und Bahnen, beim Einkaufen sowie in Büros – ausgenommen am eigenen Schreibtisch.

„Sehr, sehr dynamisch“

Die Entwicklung der Pandemie wertete Kalayci als „sehr, sehr dynamisch“. „Wir sind jetzt in einer kritischen Phase, wo wir tatsächlich nicht wissen, wie die Maßnahmen, die wir zuletzt getroffen haben, wirken“, sagte sie. Da sich Erfolge erst mit Verzögerung von rund 14 Tagen in den Fallzahlen niederschlagen könnten, werde mit besonderem Interesse auf die gemeldeten Neuinfektionen ab dem nächsten und übernächsten Wochenende geblickt, schilderte die Senatorin.

Laut den Bund-Länder-Beschlüssen vom Mittwoch soll bei steigenden Infektionszahlen und spätestens ab 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen eine Maskenpflicht im öffentlichen Raum überall dort gelten, wo Menschen dichter oder länger zusammenkommen. In Berlin lag der Wert mit Stand Donnerstag bei 78,3.

Merkel und die Ministerpräsidenten hatten sich am Mittwoch auf einheitliche Regeln für Städte und Regionen mit hohen Infektionszahlen verständigt. Dazu gehören eine Ausweitung der Maskenpflicht, eine Begrenzung der Gästezahl bei privaten Feiern, Kontaktbeschränkungen im öffentlichen Raum und eine Sperrstunde für die Gastronomie. Viele der Maßnahmen waren in Berlin bereits beschlossen worden.

In Berlin geht es vor allem um Feinschliff, etliche Regeln wie zur Sperrstunde für Gastronomie und Geschäfte oder zur Kontaktbegrenzung gelten in der Hauptstadt bereits. Sie müssten allenfalls an die Absprachen vom Mittwoch angepasst werden. Änderungen könnte es bei der Maskenpflicht geben, die in Berlin unter anderem schon im ÖPNV und beim Einkaufen sowie im Büro – ausgenommen am eigenen Schreibtisch – gilt.

Umsetzung in Berlin noch unklar

Sie soll nach den Vereinbarungen im Kanzleramt erweitert werden und ab 35 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner in sieben Tagen überall da gelten, wo Menschen dichter beziehungsweise länger zusammenkommen. Wie die konkrete Umsetzung für Berlin aussehen könnte, ist noch unsicher.

Denkbar sind zeitlich und örtlich begrenzte Regelungen etwa für Einkaufsstraßen oder Wochenmärkte. Am Dienstag dürfte der Senat auch über den Einsatz von Corona-Schnelltests beraten, die bald zur Verfügung stehen sollen und zunächst vor allem in Pflegeheimen und Krankenhäusern, später möglicherweise auch in Schulen genutzt werden könnten.

„Keiner kann sich sicher sein, dass die Maßnahmen, die wir beschlossen haben, so greifen, wie wir es uns erhoffen. Das werden wir erst zeitversetzt sehen und entsprechend bewerten“, sagte Berlins Regierender Bürgermeister, Michael Müller (SPD) am Donnerstag. „Berlin hat viele der Maßnahmen, auf die sich Bund und Länder verständigt haben, schon längst beschlossen.“ Ob es notwendig sei, sie noch weiter nachzuschärfen, sei noch nicht einzuschätzen. „Das ist nicht ausgeschlossen, und es hängt an jedem einzelnen von uns, das zu verhindern“, sagte Müller.

Wegen des Wiederanstiegs der Neuinfektionen gelten ab Samstag auch neue Besuchsregeln für Berliner Krankenhäuser. Nach Angaben der Gesundheitsverwaltung dürfen Patienten dann einmal am Tag von einer Person Besuch bekommen – für eine Stunde. Menschen mit Symptomen, die auf Covid-19 hinweisen, dürfen nicht zu Besuch kommen. Für Besuche bei Schwerstkranken und Sterbenden sind keine Einschränkungen vorgesehen. Auch Seelsorge ist weiter möglich. Frauen vor der Entbindung können sich einen Menschen aussuchen, der sie begleitet.

In der Berliner Verwaltung wird das Personal zur Bekämpfung der Corona-Pandemie aufgestockt. „Die Bezirke und das Land werden sicherlich noch in diesem Jahr, das heißt in den nächsten Wochen, eine mittlere dreistellige Zahl an Personen einstellen“, sagte Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) der Deutschen Presse-Agentur. Ein Großteil davon werde in den stark belasteten Gesundheitsämtern gebraucht. Ziel sei, dort die gut 200 aktuell noch freien Stellen zu besetzen – nicht zuletzt, um bei der Nachverfolgung von Infektionen handlungsfähig zu bleiben. Weitere 60 Stellen sehe der erste Nachtragshaushalt vor.

In Berlin gab es am Mittwoch weitere 503 Corona-Neuinfektionen. Am Dienstag war mit 706 Neuinfektionen der höchste Tageswert seit Beginn der Pandemie im Frühjahr gemeldet worden. Laut dem Corona-Lagebericht liegt Berlin mit 76,3 über dem kritischen Schwellenwert von 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen.

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