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Diestels Stuhl wackelt

■ Antrag von zwanzig Volkskammer-Abgeordneten unterschiedlicher Fraktionen bescheinigt dem Innenminister Unfähigkeit/ Ministerpräsident de Maizière soll die Konsequenzen ziehen

Berlin (taz/afp) — Zwanzig Abgeordnete aus unterschiedlichen Fraktionen wollen bei der heutigen Sitzung der Volkskammer Innenminister Peter-Michael Diestel aufs Korn nehmen. In einem gemeinsamen Antrag heißt es, Diestel sei unfähig, sein Amt zu führen und seinen Aufgaben nicht gewachsen. Ministerpräsident Lothar de Maizière wird aufgefordert, daraus die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen.

Der Antrag geht zurück auf eine Initiative der Fraktion Bündnis 90/Grüne. Gestern hatten auch die Besetzer der Normannenstraße den Rücktritt des Innenministers gefordert. Begründung: Diestel trage die Verantwortung dafür, daß das von der Volkskammer verabschiedete Gesetz über die Stasi-Akten nicht Bestandteil des Einigungsvertrages ist und der Wille des Parlaments "schamlos mißachtet" werden konnte.

Der Vorsitzende des Volkskammer-Sonderausschusses zur Stasi- Auflösung, Joachim Gauck (Bündnis 90), kritisierte gestern Behinderungen durch Diestel. Erst nach Einschaltung des Parlamentspräsidiums sei es gelungen, die Handlungsfreiheit des Ausschusses zur Aufdeckung von „Offizieren im besonderen Einsatz“ (OibE) zu sichern, erklärte Gauck. Das Diestel unterstehende staatliche Komitee habe sich zuvor trotz grundsätzlicher Kompetenz für diesen Bereich überhaupt nicht mit den OibE befaßt.

Ins gleiche Horn stieß der abgesetzte Vorsitzende des Ausschusses zur Überprüfung der Abgeordneten, Dankwart Brinksmeier (SPD). In einem Interview erklärte Brinksmeier, die Überprüfung der Liste von Abgeordneten, über die Karteikarten im Stasi-Archiv gefunden wurden, werde von Diestel „in Absprache mit dem Ministerpräsidenten behindert“. Nur durch Hinzuziehen der in den Bezirksstellen gelagerten Akten könne festgestellt werden, ob die durch ihr Auftauchen in der zentralen Kartei verdächtig gewordenen Abgeordneten tatsächlich Stasi-Mitarbeiter gewesen seien.

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