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LidokinoDieses berühmte Da-da-da-da

■ Über Beethoven auf tadschikisch in Mohsen Makhmalbafs „Le Silence“, das metaphysische Loch in Daniele Luchettis „I piccoli maestri“ und Steven Spielberg am Lautstärkeregler

Die Pressebox – Sie erinnern sich – enthält wirklich ganz wunderbare Dinge. Zum Beispiel Rucksäcke von Tele+, fette Pressehefte (weswegen man den Rucksack dringend braucht), die Drehbuch, Foto- und Kunstband in einem sind, wie bei „Lautrec“ von Roger Planchon. Und dann finden sich noch viele, viele Zettel darin. Mit Informationen zu den Pressekonferenzen oder Nachrichten wie die vom Tod Akira Kurosawas mit dem Hinweis auf eine Sondervorführung von „Rashomon“, dem Gewinner des Goldenen Löwen 1951. Unter all diesen Zetteln mag ich den täglichen technischen Bericht des Filmvorführers am liebsten. Da liest man zum Beispiel, daß Steven Spielberg bei der Vorführung seines Films in den Projektionsraum ging und den Lautstärkeregler von 7,0 auf 7,2 drehte. Freilich stellte sich dann heraus, daß das Publikum 7,0 bevorzugte.

Heute geht der Bericht über die „Truman Show“: „Der Film erreichte uns in zwei Rollen, die Teil eins und Teil zwei enthalten. Der erste Teil besteht wiederum aus drei Partitionen. Kurz nach dem Start der dritten Partition verursachte ein Kratzer, der ganz offenkundig schon auf dem Film war, den Riß des Filmbandes. Der Film hob sich von der Platte, was dazu führte, daß er unscharf und ein Stück weit die Emulsion zerkratzt wurde. Nach mehreren Versuchen, den Film wieder scharfzustellen, mußte die Vorführung abgebrochen und die Platte von der Emulsion gereinigt werden.“ Und so geht das fort. Mich rühren diese Zettel. Man spürt in ihnen den leisen Triumph des selbst in seiner Sprache so akkuraten Technikers bei Spielberg ebenso wie seine echte Verzweiflung über die Unterbrechung bei Weir.

Der morgige Bericht wird uns den Tonausfall am Anfang von Mohsen Makhmalbafs „Le Silence“ erklären. Trotzdem ist es nicht so, daß die Vorführungen ständig von Pannen geplagt wären, im Gegenteil. Makhmalbafs Film spielt in Tadschikistan, ein blinder Junge stimmt bei einem alten Mann die traditionellen Saiteninstrumente. Eine auf seinem Weg zum Alten zufällig aufgeschnappte Melodie fasziniert ihn so, daß er dem Musiker folgt, zu spät kommt und seinen Job verliert. Leider ist die Melodie dieses berühmte Da-da-da-da, Beethovens Fünfte, die tadschikisch gespielt tatsächlich interessanter, weil wenigstens ein bißchen ungewohnter klingt als sonst. Doch zusammen mit den allzuschönen Bildern führt das auch nur zu einem recht erbaulichen Film.

Läßt sich „erbaulich“ auch mit Rhetorik assoziieren? Der Begriff „pure Rhetorik“ spielte beim italienischen Wettbewerbsfilm „I piccoli maestri“ eine gewichtige Rolle. Wer von den kleinen Meistern, den jungen Partisanen, zu allzu pathetisch-theoretischen Reden ansetzt, wird mit fünf Tagen Wasser- und Essenentzug bestraft. Der Regisseur Daniele Luchetti muß, falls das auch für ihn gelten sollte, längst verhungert und verdurstet sein.

Die Botschaft, die der Film mehr schlecht als recht illustriert und nicht inszeniert, läuft darauf hinaus: Männer, die nie in einem Krieg gekämpft haben, sind gewissermaßen unvollständig. Wo der Krieg und vor allem das nur dort erfahrbare, unvergleichliche Erlebnis der Kameradschaft sein sollte, klafft bei ihnen ein entscheidendes, metaphysisches Loch. Weil er sich zu Anfang traut, das fatale Kasperltheater in den Bergen – unter Beteiligung der Wehrmacht – wahrheitsgemäß zu zeigen, bevor er zur Rhetorik übergeht, denkt Luchetti wahrscheinlich, das ließe sich unterschreiben. Na klar, wo war denn bloß das Formular? Brigitte Werneburg

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