Neu im Kino : Diese Woche frisch
Das Leben ist ein Wunder
F/Serbien 2004, Regie: Emir Kusturica. 154 Min.
Emir Kusturicas neuer Film spielt im Bosnien von 1992, als der serbisch-kroatische Krieg schon gelaufen war, aber die Ereignisse im Fernsehen für die meisten Bosnier immer noch so weit weg schienen wie eine Hungersnot in Bangladesch. Der neue Krieg kündigt sich in Gestalt von Bären an, die vor den Kämpfen in Kroatien geflüchtet sind. Die Menschen können es nicht glauben, schließlich hat doch „Tito den letzten Bären in Jugoslawien getötet“. Das ist das Geschichtsbild des Films: Geschäftemacher kontrollieren die Gewalt, bosnische Serben und muslimische Bosniaken vertreiben sich gegenseitig, die Volksarmee steht zwischen den Fronten. Würden nur alle ihre Fernseher aus dem Fenster werfen, der Krieg fände gar nicht statt. Diese Interpretation der Ereignisse lässt sich diskutieren, aber von Kusturica ist man es gewohnt, dass seine Bilder alles Konkrete locker transzendieren. Ein bisschen enttäuscht der Film dabei. Immerhin wird die Landschaft Bosniens in den herrlichsten Farben gezeigt, es lag dem Regisseur offenbar am Herzen, dem von den Medien gezeichneten Bild eines Bosnien als Minenfeld etwas entgegenzusetzen.
The Corporation
Can 2003, Regie: M. Achbar, J. Abbott. 143 Min.
Seit einer Gesetzesnovelle von 1868 sind Konzerne in Amerika in den rechtlichen Status einer Person erhoben. Diese bizarre Rechtskonstruktion liefert die Hypothese für die exzellente Doku „The Corporation“. Wenn man eine Corporation an sozialen Verhaltensnormen messen würde, was für ein Mensch wäre sie dann? Der Film entwickelt über zwei Stunden das komplexe Profil einer dominanten „Corporate Culture“, in der die Grenzen zwischen öffentlicher und privater Sphäre verschwimmen.