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Die zweite Wahl

Horst Köhler, der Chef des Internationalen Währungsfonds, gerät wegen der Argentinienkrise unter Druck

Er war von Anfang an nur zweite Wahl. Als Horst Köhler im Frühjahr 2000 IWF-Chef wurde, war die deutsche Regierung froh, überhaupt einen aus Berlin nach Washington schicken zu dürfen. Da schluckte Bundeskanzler Schröder auch die Kröte, dass Köhler ein CDU-Mann ist und früher Berater von CSU-Finanzminister Theo Waigel war. Eigentlich hatte Schröder Eichels Staatssekretär, den SPDler Caio Koch-Weser in den Chefsessel des Währungsfonds heben wollen. Doch der scheiterte am Widerstand der Amerikaner.

Weil keines der großen IWF-Mitgliedsländer so richtig zufrieden mit der Wahl war, stand Köhler seit Beginn seiner Amtszeit unter Leistungsdruck. Doch erst jetzt gerät Köhler öffentlich unter Beschuss: wegen der Argentinienkrise. Ein IWF-Kollege warf ihm kürzlich in einem Interview vor, Köhler habe nur einen „Aufschub der Hinrichtung“ des Landes bewirkt. In der Tat half der Fonds immer wieder mit neuen Krediten aus, auch als längst klar war, dass Argentinien hoffnungslos überschuldet war. Aus Kritik an dieser Laisser-faire-Haltung trat angeblich auch der prominente IWF-Chefvolkswirt Michael Mussa zurück.

Vor der Argentinienkrise war von der Kritik an Köhler nur aus Insiderkreisen zu hören. So fürchteten einige US-Reformer, der neue Chef könne zu viel Nähe zur Weltbank zeigen, deren Zuständigkeit sie gerne stärker abgegrenzt sähen: Die Weltbank soll sich um die Entwicklungsländer kümmern, der IWF um die Solvenz seiner Mitglieder.

Köhler nährte solche Ängste, indem er gleich zu Anfang durch Afrika reiste – zusammen mit seinem „Freund James“ Wolffensohn, dem Weltbankchef.

Er brüskierte Fonds-Kollegen, aber auch das deutsche Entwicklungsministerium, als es etwa um einen Kredit für Kenia ging: IWF-Direktoren verlangten von dem korrupten afrikanischen Land die Schaffung einer Antikorruptionsbehörde. Köhler hingegen stellte sich auf die Seite Kenias, das diese Forderung ablehnte. „Ich bin manchmal überrascht, mit wie wenig Feingefühl die Länder des Nordens vom Süden verlangen, alle möglichen Dinge über Nacht zu ändern“, sagte er einmal bei einem Besuch in Berlin.

Den deutschen Finanzminister düpierte er mit der laut geäußerten Überlegung, es solle eine Art Insolvenzrecht für Staaten geben – eine Forderung, von der man im Hause Eichel bisher wenig hält. Auch kritisierte Köhler die Bundesregierung, weil sie weit davon entfernt sei, die im Koalititionsvertrag angestrebten 0,7 Prozent des Bruttosozialprodukts für Entwicklungshilfe aufzubringen.

Köhler ist weder ein brillanter Redner, noch besitzt er das gutmenschliche Charisma des Weltbankchefs. Der promovierte Volkswirt wirkt eher wie ein netter schwäbischer Mittelständler: fleißig und bodenständig. Die Argentinienkrise brachte ihn in ein Dilemma, womöglich war er überfordert. Hätte er dem Land keine Kredite mehr gewährt, wäre der Fonds für seine harte Haltung gegenüber den Entwicklungsländern kritisiert worden.

So hat Köhler die Chance verpasst, die IWF-Programme anhand von Argentinien neu zu überdenken und zu ändern. Hätte er das rechtzeitig getan, wäre dem südamerikanischen Land vielleicht erspart geblieben, was es jetzt erlebt. Und Köhler hätte sich als einsichtiger Reformer profilieren können.

KATHARINA KOUFEN

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