■ Die Anderen: Die satirische Wochenzeitung "Le Canard Enchaine" schreibt zur Sexaffäre von Bill Clinton / "The Daily Telegraph" zum möglichen Machtwechsel in Bonn / "Der Bund" und "Gazeta Wyborcza" kommentieren die Lage in Albanien
Die satirische Wochenzeitung „Le Canard Enchaine“ aus Paris schreibt zur Sexaffäre von Bill Clinton: Von den Ausläufern Kirgisiens bis zu den Ufern Papua- Neuguineas kann niemand mehr die sexuellen Vorlieben des US-Präsidenten ignorieren, wenn er im Büro den Casanova spielt. Kein Detail fehlt! Die Anklageschrift des Taliban Kenneth Starr, die ihm als Ort für eine sexuelle Handlung dient, ist sicher kein „passender“ Bericht, dafür aber einer der ausführlichsten und am meisten gelesenen. Starr hat Clinton in die „Kriminalität“ gestoßen, indem er ihn zwang, Tatsachen zu verbergen. Und Clinton hört nicht auf, für Dinge um Vergebung zu bitten, die ihm theoretisch gar nicht vorgehalten werden. Das System grenzt an Schizophrenie. Und es ist noch nicht zu Ende, da die Entscheidung über eine Absetzung weder anhand der Tatsachen noch des Vergehens verhandelt wird, sondern mit Blick auf die Meinungsumfragen im Vorfeld der nächsten Wahlen.
„The Daily Telegraph“ aus London schreibt zum möglichen Machtwechsel in Bonn: Genau wie die britischen Wähler im vergangenen Jahr müssen die Deutschen darüber entscheiden, was hinter der Fassade liegt. Wäre ein Bundeskanzler Schröder bereit, umstrittene Entscheidungen zu treffen, falls Deutschland in eine politische und ökonomische Krise gestürzt wird? Kann er seine Partei kontrollieren? Das Amt könnte den Mann verändern. Aber im Moment ist zuviel von Modernisierung die Rede. Es gibt zuwenig Substanz. Ein Wechsel an der Spitze garantiert noch keine Erneuerung.
Die in Bern erscheinende Zeitung „Der Bund“ kommentiert die Lage in Albanien: Der Westen, der bereit scheint, Albanien verstärkt unter die Arme zu greifen, wird wohl erneut den Fehler begehen, sich auf kurzfristig wirkende Maßnahmen zu beschränken. Dabei ginge es darum, dem Staat und seinen Bürgern zu helfen, den Anschluß zu finden. Die herrschenden Clanstrukturen lassen sich nicht einfach abschaffen, sondern nur in einem langwierigen Prozeß umformen.
Die Warschauer Zeitung „Gazeta Wyborcza“ meint dazu: Die Krise des albanischen Staates stellt eine viel größere Gefahr für den Westen dar als eine Fortsetzung der Massaker im Kosovo, an die sich inzwischen alle gewöhnt haben. Der Oppositionsführer Sali Berisha, der über den Norden Albaniens regiert, wird sich jetzt weniger um das Schicksal seiner Landsleute auf der anderen Seite der Grenze kümmern. Er wird jedes Gewehr gegen die Regierung brauchen. Die Regierung wird sich mehr um Berisha als um Milošević den Kopf zerbrechen. Der Lauf der Ereignisse ist so günstig für Belgrad, daß sich die Frage aufdrängt, ob es nicht Serbien war, das auf Tiranas Straßen den Abzug gedrückt hat.
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