■ Die Anderen: Die "Süddeutsche Zeitung" kommentiert die Europa-Debatte im Bundestag / Das "Handelsblatt" meint zu den Aussichten rot-grüner Europapolitik / Die "Neue Zürcher Zeitung" kommentiert die Verhandlungen über den Kosovo-Konflikt
Die „Süddeutsche Zeitung“ kommentiert die Europa-Debatte im Bundestag: Europa hat seinen Preis, der zu großem Teil von den Deutschen, den Hauptnutznießern, zu zahlen ist. Dabei wird es bleiben. Wäre die alte Regierung noch im Amt, könnte sie auch nicht mehr erreichen, als vor der kostspieligen Erweiterung nach Osten die Ausgaben zu deckeln. Der deutschen Präsidentschaft – tief in einem Dilemma, in das sie nur zum Teil durch eigene Fehler geraten ist – kann nur gewünscht werden, daß sie die Orientierung nicht verliert. Aussteigen à la Oskar verbietet sich. Das heißt, Schröder darf den Gipfel in Berlin nicht mit einem Fiasko enden lassen. Nicht nur die Deutschen brauchen den Erfolg. Stillstand käme auch all denen teuer zu stehen, die wie Spanien oder Frankreich mehr aus der Brüsseler Kasse erhalten, als sie einbezahlen. Es stimmt allerdings auch, daß man einer Präsidentschaft in tausend Nöten leichter Kompromisse abringen kann.
Das „Handelsblatt“ meint zu den Aussichten rot-grüner Europapolitik: Es ist nicht allein der deutschen Verhandlungsführung anzulasten, daß die Ergebnisse des Berliner Gipfels allenfalls bescheiden ausfallen werden. Die europäischen Partner haben sich bei der Verteidigung ihrer nationalen Interessen wieder einmal als erstaunlich hartnäckig erwiesen. Unsinnig ist der Vorwurf der Opposition, die Bundesregierung hätte sich bereits im Januar für den Rücktritt der Kommission einsetzen sollen. Eine handlungsfähige Kommission war für die Vorbereitung des Sondergipfels unerläßlich. Dennoch ist in den vergangenen drei Monaten eine grundlegende Schwäche rot-grüner Europapolitik deutlich geworden: Eine klare Konzeption ist bislang ebensowenig zu erkennen wie eine schlüssige Linie bei der Verhandlungsführung. Gerhard Schröder ist offenbar nur mühsam beizubringen, daß EU-Politik nach anderen Maßstäben abläuft als deutsche Innenpolitik.
Die „Neue Zürcher Zeitung“ kommentiert die Verhandlungen über eine Lösung des Kosovo-Konflikts: Belgrads starker Mann hat bisher keine Hand zum Frieden ausgestreckt, weil die Drohungen der Nato schon längst ihre Wirkung verloren haben. Zu oft haben die westlichen Vermittler nachgegeben, Ultimaten ausgesetzt, neue Fristen formuliert – und gleichzeitig die in Kosovo geschaffenen Fakten tatenlos hingenommen.
Damit haben sie vor allem eines deutlich gemacht: daß sie um fast jeden Preis eine militärische Intervention verhindern wollen, auch wenn sie immer damit drohen – und daß sie vor allem über keine Strategie verfügen, wenn die Drohung nicht greift. An die Wand gespielt haben sie damit die Nato, deren Glaubwürdigkeit auf Raten demontiert wird.
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