KOMMENTAR: Die neue Weltfinanzordnung
■ Durch die IWF-Mitgliedschaft der UdSSR-Nachfolgestaaten wird die Welt zweigeteilt
Mit der Aufnahme der 15 UdSSR-Nachfolgestaaten in den Internationalen Währungsfonds (IWF) wird — nach dem Ende des Realsozialismus — die neue Weltordnung auch ökonomisch etabliert. Im IWF mit dann 169 Mitgliedsstaaten teilt sich ab nächste Woche die Welt in Entwicklungsländer und Industriestaaten. Osteuropa und die frühere Sowjetunion werden als Empfänger von IWF-Hilfsgeldern zu den Entwicklungsländern zählen. Schließlich fand sich bereits im diesjährigen „World Economic Outlook“, der jährlichen Bestandsaufnahme der Weltwirtschaft, eine Rubrik mit dem aufschlußreichen Titel „Entwicklungsländer (ohne Osteuropa und ehemalige UdSSR)“.
Hilfsprogramme, das zeigt die Rußland-Diskussion der Finanzminister aus den G-7-Ländern USA, Japan, Bundesrepublik, Frankreich, Großbritannien, Italien und Kanada, werden in dieser Weltfinanzordnung künftig über den IWF koordiniert. Der IWF erarbeitet dabei, wie in den osteuropäischen Staaten derzeit, ein Sanierungsprogramm, das die jeweiligen Regierungen umsetzen müssen; es sei denn, sie verzichten auf finanzielle Hilfe. Die Industriestaaten, die über ihre Mehrheit am Aktienkapital den IWF lenken, regieren so in der Finanz- und Wirtschaftspolitik aller Entwicklungsländer mit. Vom Standpunkt souveräner Entscheidungsmöglichkeiten her gesehen ist das höchst undemokratisch und häufig ungerecht. So können die alten Entwicklungsländer von dem Interesse und den Milliarden, die Rußland angeboten werden, nur träumen.
Für die neuen Entwicklungsländer hingegen, allen voran Rußland, wird diese Einmischung vor allem Vorteile bringen — jedenfalls dann, wenn sich auf der Frühjahrstagung von IWF und Weltbank nicht die neue Großzügigkeit der US-Regierung, sondern die Forderung des IWF nach einem Wirtschaftsprogramm durchsetzt, das diesen Namen auch verdient. Bisher besteht die Reform dort lediglich aus einer Preisfreigabe, die keine ist, weil sie das Preisdiktat lediglich von den Behörden auf die Monopolindustrien verlagert hat. Die Geldpolitik Rußlands erschöpft sich im Drucken immer neuer Rubelscheine. Legale Firmengründungen lohnen sich nicht, wegen der immensen Steuern, die von den Gewinnen so gut wie nichts mehr übrig lassen. In dieser Situation Milliarden an Hilfsgeldern zu zahlen, diente selbst dem Interesse der USA, die Regierung von Boris Jelzin aus Angst vor einem Rollback der militärischen Supermacht mit allen Mitteln im Amt zu halten, nur höchst kurzfristig. Donata Riedel
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