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Die modernste Verfassung der Bundesrepublik

Recht auf Arbeit, auf Wohnung und die Schutzbedürftigkeit anderer, auf Dauer angelegter Lebensgemeinschaften/ Die Umwelt und gewachsene Kulturlandschaften sind zu schützen — zum Staatsziel erklärt/ Ausländer bekommen kommunales Wahlrecht  ■ Von Irina Grabowski

Potsdam. Die modernste Verfassung der neuen Bundesrepublik will sich das Land Brandenburg geben. Anerkannt werden sollen darin das Recht auf Arbeit, auf Wohnung und die Schutzbedürftigkeit „anderer, auf Dauer angelegter Lebensgemeinschaften“ — also auch gleichgeschlechtlicher Partnerschaft.

Die Umwelt und gewachsene Kulturlandschaften zu schützen, wird zum Staatsziel erhoben.

Ausländern soll das kommunale Wahlrecht garantiert werden, eine mögliche Sperrklausel für die Wahlen auf drei Prozent hinuntergeschraubt werden.

Monatelang tüftelten 30 Vertreter aller Fraktionen, großer Verbände und Vereine an dem Entwurf.

Zur ersten öffentlichen Anhörung über die neue Landesverfassung versammelten sich am Dienstag abend gut 100 Brandenburger Bürger im Potsdamer Landtagsgebäude. Was sich erst anließ wie eine SPD-Parteiversammlung, entwickelte sich erfreulicherweise schnell zur übergreifenden Debatte.

Viel zu oft, gab ein Bürger zu bedenken, tauche im Entwurf die Formulierung „Das Land wirkt darauf hin“ auf. Das sei zu schwammig und nicht fern von den „Glaubenssätzen“ der sozialistischen Vergangenheit. Nach Meinung der Juristen brauchen gerade Bestimmungen, die über das Grundgesetz hinausgehen, diesen Zusatz, weil sonst die Karlsruher Richter entsprechende Artikel annullieren könnten.

Vorsichtig fragte ein anwesender SPD-Bundestagsabgeordneter an, ob es überhaupt gut sei, wenn Brandenburg so weit vorpresche. Man könne doch der aktuellen Grundgesetzdiskussion nicht hinterherlaufen, hielt Wolfgang Birthler, Chef der SPD-Landtagsfraktion, gegen.

Unbeantwortet blieb die Frage, wie weitergehende Grundrechte — zum Beispiel das Recht auf Achtung der Würde im Sterben — umgesetzt werden sollen, wenn das in der Konsequenz auch Geld kostet.

Weimarer Zustände prophezeite ein aufgeregter Jurist, wenn die Prozenthürde bei Wahlen minimiert oder gar fallengelassen würde. Bayern komme doch auch mit zehn Prozent bei kommunalen Wahlen zurecht. Undemokratischer geht's nimmer, waren sich anwesende Vertreter vom Bündnis 90, der PDS, aber auch der SPD einig.

Zustimmung kam zu der Idee einer zweiten Kammer, über die Vertreter der Kommunen Einspruch gegen Gesetzesentwürfe des Landes erheben und eigene Entwürfe in den Landtag einbringen können. Bündnis 90 hat außerdem die Schaffung eines Ökologischen Rates angeregt, der seinerseits sämtliche Entscheidungen der Parlamentarier auf Umweltverträglichkeit prüfen soll.

Voller Freude war der Mieterbund über Artikel 47. Doch unter der verheißungsvollen Überschrift „Recht auf Wohnung“ werde letztlich nur vom „angemessenen Wohnraum“, was ein gewaltiger Unterschied sein kann. Formfehler oder Absicht?

Bis zum 15.September dieses Jahres können die Bürger im Land Brandenburg ihre Kommentare und Meinungen auf diversen Anhörungen, aber auch schriftlich zum vorliegenden Verfassungsentwurf einbringen. Mitte Oktober soll der Entwurf nach einer Überarbeitung im Verfassungsausschuß dem Landtag vorgelegt werden.

Gültigkeit erhält die Verfassung, wenn sie mit einfacher Mehrheit durch die Volksabstimmung gelangt.

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