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Die medizinische Diskussion

In Nordamerika und Europa haben die bekannten Therapiemöglichkeiten bei Aids, namentlich der Virus -Hemmstoff AZT und die Inhalation von Pentamidin zur Vorbeugung von Lungenentzündungen, in den vergangenen drei Jahren zu einer Verdoppelung der Lebenserwartung von Aids -Patienten geführt. Auf der Konferenz wurden neue Ergebnisse vorgestellt, die zu einer weiteren Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten führen werden. Zugleich wurde aber auch deutlich, daß vergleichbare Therapieformen in den Entwicklungsländern noch immer nicht zur Verfügung stehen.

Durch eine noch frühzeitigere und niedriger dosierte AZT -Therapie kommt es zu deutlich geringeren Nebenwirkungen bei besserer Wirksamkeit. Neue Studien deuten darauf hin, daß die Dosis sogar noch weiter reduziert werden könnte. Sorgen bereitet bei einem frühen Einsatz von AZT die relativ rasch einsetzende Resistenzentwicklung. Während bei Aids-Patienten nach einem Jahr Behandlungsdauer bei 90 Prozent der Behandelten ein resistenter Virus nachgewiesen werden kann, ist dies bei frühzeitig behandelten Patienten nur bei 30 Prozent der Fall. Das bedeutet, daß die Wirksamkeitsdauer von AZT bei frühem Behandlungsbeginn deutlich verlängert ist.

Eine Resistenzentwicklung wäre durch Kombinationstherapien mit mehreren AZT-ähnlichen Substanzen vielleicht zu verhindern oder zumindest zu verzögern. Aber die Entwicklung neuer Stoffe kommt nur langsam voran. Zwar befinden sich Substanzen wie ddI und ddC, die ähnlich wie AZT die Virusvermehrung hemmen, inzwischen in der Endphase der klinischen Prüfung, und an ihrer Wirksamkeit bestehen kaum noch Zweifel. Aber von den ersten erfolgversprechenden Labortests bis heute sind mehr als vier Jahre vergangen.

Neben Stoffen, die direkt gegen HIV wirksam sind, geben Forschungsergebnisse Anlaß zur Hoffnung, daß auch Impfstoffe für eine wirksame Immuntherapie bei bereits Infizierten eingesetzt werden können. In einer Reihe von Tiermodellen wurde inzwischen mit experimentellen Impfstoffen ein Schutz vor einer Infektion mit HIV oder eng verwandten Immundefizienzviren erreicht. Es gibt deutliche Hinweise darauf, daß mit einem Impfstoff auch bei bereits Infizierten die Immunantwort gegen HIV verbessert und damit der Krankheitsverlauf deutlich verzögert werden könnte vorausgesetzt, die Immuntherapie erfolgt in einem frühen Stadium der Infektion, in dem die Funktionsfähigkeit des Immunsystems noch weitgehend bewahrt ist. Erste Versuche bei HIV-Infizierten mit verschiedenen Impfstoffprototypen sind bereits angelaufen.

Von 82 Aids-infizierten Patienten, die der US-Impfstoff -Spezialist Jonas Salk gemeinsam mit Dr.Alexandra Levine von der Uni Los Angeles impfte, brach nur bei vier Personen zwei Jahre nach der Behandlung die Krankheit aus. Bei denjenigen Patienten, denen zusätzlich AZT verabreicht wurde, erholte sich das Immunsystem sogar wieder: Die Zahl der T4 -Helferzellen, der „Polizisten“ im Immunsystem, stieg von durchschnittlich 180 auf 240 pro Milliliter Blut. Die Forscher werden sich in den nächsten Jahren verstärkt auf die Gene innerhalb des HIV-Virus konzentrieren. Sollte es gelingen, die Erbinformationen innerhalb des Virus zu entschlüsseln, so könnten diese Gene gezielt bekämpft und unschädlich gemacht werden.

Uli Marcus

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