piwik no script img

Die literarische Woche

Dienstag: Die Wahl des italienischen Medienmoguls Silvio Berlusconi markiert einen Paradigmenwechsel im Verhältnis von Medien und Politik. Es diskutieren in der Reihe Perspektiven metropolitaner Kultur unter anderen der Medienwissenschaftler Jochen Hörisch, der Kulturphilosoph Thomas Macho und der Schriftsteller Gaston Salvatore. Literaturhaus, 20 Uhr

Donnerstag: Ein rasender Reporter ist er ganz bestimmt nicht. Er nimmt sich die Zeit, die er braucht, um genau hinzusehen. Dafür rast bei ihm dann die Sprache. An dieser Stelle ist eine kleine, verschämte Liebeserklärung für einen Kollegen fällig: Der Zeit-Journalist Christoph Dieckmann weilt nämlich in der Stadt und liest im Rahmen der Veranstaltungsreihe Rasende Reporter. Über Guns N' Roses kann er genauso gut schreiben wie über den Kebab-Stand bei ihm in Ostberlin um die Ecke wie über die Rede des Alterspräsidenten des Bundestages Stefan Heym. Seine Neugier ist grenzenlos, und seine Sprachgewalt barock. Man möchte seine Texte unwillkürlich laut deklamieren. Eine Sprache, die singt und orgelt. Begleitet wird er von dem ebenfalls aus der DDR stammenden Alexander Osang, der, wie Dieckmann übrigens auch, mit dem Egon-Erwin-Kisch-Preis ausgezeichnet wurde. Zentralbibliothek, 19.30 Uhr

Der am Hamburger Institut für Sozialforschung für heute angekündigte Vortrag von John Keegan wird auf das kommende Frühjahr verschoben. An seiner Stelle spricht im Rahmen der Vortragsreihe Der Totale Krieg und seine Krieger der in Utrecht lehrende Berliner Literaturwissenschaftler Helmut Lethen. In seinem im Frühjahr erschienenen Buch Verhaltenslehren der Kälte. Lebensversuche in der Weimarer Republik hat Lethen angesichts der Modernisierungsprozesse für eine mäßige soziale Erwärmung plädiert. Im Augenblick von Traditionszerfall und sozialer Desorganisation würden Verhaltensweisen gebraucht, die Eigenes und Fremdes, Innen und Außen unterscheiden helfen und Vertrauenszonen von Gebieten des Mißtrauens abzugrenzen ermöglichen. Sein Vortrag aber ist betitelt mit: Kältelehren: Brecht, Jünger, Schmitt. Institut für Sozialforschung, Mittelweg 36, 20 Uhr

Freitag: Zum Abschluß der Nordischen Literaturtage konnte mit Per Olov Enquist noch ein Highlight gewonnen werden. Spätestens seit seinem Roman Kapitän Nemos Bibliothek zählt er zu den interessantesten schwedischen Autoren. Literaturhaus, 20 Uhr

Sonntag: Bei den Ziegel-Lesungen, der Veranstaltungsreihe aus Anlaß des dritten Erscheinens des Hamburger Jahrbuchs für Literatur, ist dieses Wochenende Lyrik an der Reihe. Von schlaflosen Augäpfeln, so heißt der Abend, an dem unter anderem die Autoren Mirko Bonné, Paul Kersten, Parviz Sadighi und Tobias Gohlis zu hören sein werden. Alsterpavillon, 20 Uhr

Montag: Im vergangenen Jahr standen die Niederlande im Blickpunkt der Frankfurter Buchmesse. Schon da sollte Leon de Winters Roman Super-Tex als Paperback erscheinen. Doch die holländischen Autoren machten Furore, der Verlag reagierte, zog das Buch zurück und brachte es jetzt als Hardcover. Ob das der in Journalistenprosa verfaßte Bericht um eine jüdische Identitätssuche wert ist? Literaturhaus, 20 Uhr

Hans Henny Jahnn allerorten, da wollte das Theater im Zimmer nicht zurückstehen. Doris Schade liest mit Die Nacht aus Blei ein Werk, von dem Adolf Muschg sagte: „Es ist die Klage über die Unausweichlichkeit des Todes und die Vergeblichkeit jedes Versuchs, ihn zu besiegen.“ Theater im Zimmer, 20 Uhr

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen