: Die letzte Hoffnung lautet Hungerstreik
■ Deutsche wollen Kriegsdienstverweigerer nach Restjugoslawien abschieben
Frankfurt/Main (taz) – Der bislang in Offenbach in Abschiebehaft sitzende Kriegsdienstverweigerer Ibrahim Dosljak aus Restjugoslawien (Serbien/Montenegro) hat einen unbefristeten Hungerstreik begonnen. Der Muslim hatte 1991 in seiner Heimat den Militärdienst verweigert, weil er den Krieg gegen Kroatien ablehnte und auch nicht auf Muslime in Bosnien schießen wollte. Von einem Militärgericht wurde Dosljak daraufhin zu sechs Monaten Haft verurteilt. Nachdem er diese abgesessen hatte, floh er nach Deutschland. Das berichtete gestern ein Sprecher von Connection e.V., einer Organisation zur Förderung der Fürsorge für Flüchtlinge aus Kriegsgebieten in Offenbach, nach einem Gespräch mit dem Hungerstreikenden. Connection e.V. ist in diesem Jahr Kandidat für den Aachener Friedenspreis.
Seit Ende Mai befindet sich Dosljak auf auf Beschluß des Amtsgerichts Bad Hersfeld in Abschiebehaft. Zwei Asylanträge seien zuvor negativ beschieden worden, erklärte der Vorsitzende von Connection e.V., Franz Nadler. Daß Dosljak in Abschiebehaft genommen worden sei, wertete er als Verstoß gegen diverse Erlasse aus dem hessischen Innenministerium. Bereits 1995 habe das Innenministerium in einem Schreiben an die Ausländerbehörden in Hessen die „Unmöglichkeit der Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien“ festgestellt, da diese die Rücknahme von Flüchtlingen verweigere. Zwar würden zur Zeit bilaterale Verhandlungen zwischen Bonn und Belgrad über ein „Rücknahmeabkommen“ laufen, doch mit einem Ergebnis sei nicht vor Ende August zu rechnen. Auf Anfrage von Dosljaks Anwalt weigerten sich sowohl die Botschaft der Republik Jugoslawien in Bonn als auch das Konsulat in Frankfurt, Paßersatzpapiere für ihren Mandanten auszustellen. Also Abschiebehaft für einen, der nicht abgeschoben werden kann? Connection e.V. forderte die Ausländerbehörde in Bad Hersfeld auf, das bestehende „faktische Abschiebehindernis“ für Dosljak zu akzeptieren und ihn freizulassen. Der Flüchtling wolle Deutschland ohnehin verlassen, aber nicht nach Restjugoslawien abgeschoben werden. Wie sein Anwalt mitteilte, wolle Dosljak einen bosnischen Paß beantragen, um nach Bosnien ausreisen zu können.
Doch die Ausländerbehörde in Bad Hersfeld bleibt hart. Die Botschaft der Republik Jugoslawien habe die Ausstellung von Paßersatzpapieren für Dosljak in Aussicht gestellt, erklärte der zuständige Sachbearbeiter. Eine Behauptung, die sich nicht habe bestätigen lassen und deshalb nur als eine „böswillige Verzögerung“ der Freilassung interpretiert werden könne, meint Connection e.V. Wegen seines Hungerstreiks wurde Dosljak inzwischen in die JVA Frankfurt 1 verlegt. kpk
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