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Archiv-Artikel

Die größte Katastrophe

betr.: „Große Koalition – eine gute Sache?“, taz vom 8. 8. 05

Spätestens seit 1998/99 ist doch offenbar, dass „die Wirtschaft“ in Deutschland die wirkliche Macht ist. Die Methode dieser Macht lässt sich knapp in der Devise divide et impera, teile und herrsche, zusammenfassen: Solange diejenigen uneinig sind, die eigentlich die Interessen der Bevölkerung – also des Gemeinwohls – zu vertreten haben, lassen sich die Partikularinteressen wirtschaftlicher Eliten leicht durchsetzen. Da wird es dann nicht zum Skandal, dass trotz hoher Gewinne der Unternehmen bei den Lohnabhängigen nichts ankommt und dass diejenigen, die zu viel Geld für ihr Leben haben, dafür Prämien (Renditen) mit jährlich zweistelligen Zuwachsraten bei wirtschaftlicher Stagnation – also ohne dass tatsächlich mehr erwirtschaftet wurde – einstreichen.

Sind nun die beiden großen „Volksparteien“ in einer Koalition vereint, funktioniert diese so bewährte Methode nicht mehr so reibungslos; und falls diese Koalition trotzdem so weitermacht wie ihre Vorgänger, wird das Wahlvolk – so wie ich es derzeit einschätze – ihnen bald eine herbe Quittung erteilen, zumal es jetzt ja eine Alternative zu geben scheint. PETER MENGEL, Uelzen

Eine große Koalition eignet sich vorzüglich dazu, mit Zweidrittelmehrheit Änderungen im Grundgesetz vorzunehmen und dieses Bollwerk der Freiheit der künftigen EU-Verfassung anzupassen. Wer die EU-Verfassung studiert hat, fragt sich sowieso, wie dieses antidemokratische Machwerk zum Grundgesetz passen soll. Eine große Koalition böte die Möglichkeit, hier den Weg freizumachen. Sie wäre daher die größte Katastrophe, die uns passieren könnte, und vielleicht diente das ganze Vertrauensfrage-Theater letztlich genau diesem Ziel. DAGMAR NEUBRONNER, Bremen