■ Kommentar: Die da oben
Eine Überraschung ist es ja nicht. Vermutungen gab es schon viele und lange, Indizien haufenweise, aber an Beweisen mangelte es bislang. Doch die, so scheint es, gibt es jetzt. Und das ist das Brisante an den neuen Fakten über den Hamburger Polizeiskandal.
Es gibt Polizisten, die sich dem „unseligen Corpsgeist“ entziehen wollen, der Innensenator Werner Hackmann vor einem halben Jahr in den Rücktritt trieb. Die sich dazu durchgerungen haben, die Schweigemauer falsch verstandener Solidarität einzureißen.
Die sich sogar selbst belasten, um Ermittlungsbehörden und Öffentlichkeit über das zu berichten, was sie nicht länger mitverantworten wollen: Straftaten – juristisch gesehen – und Menschenverachtung – moralisch betrachtet – in der Hamburger Polizei. Und genau das ist das Positive, was die Aufdeckung des Polizeiskandals bewirkt hat.
Und wie so oft stinkt auch hier der Fisch vom Kopfe her. Mut zur Wahrheit beweisen „die da unten“. Die Vertuscher sitzen, wie so oft, „da oben“: in der Polizeiführung. Viele Untaten hätten verhindert werden können, viele Opfer polizeilicher Willkür hätten nicht das erleiden müssen, was ihnen widerfuhr, wenn die Verantwortlichen gehandelt hätten. Sie taten es nicht, und genau das ist das Miese am Hamburger Polizeiskandal.
Eine Wiedergutmachung für die Opfer wird es wohl kaum geben, viele Fälle werden vielleicht gar nicht bekannt, viele Täter vermutlich gar nicht belangt werden. Und genau das ist das Erschreckende am Hamburger Polizeiskandal.
Sven-Michael Veit
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