Die anderen:
La Stampa aus Turin kommentiert die Strategie der CDU im Spendenskandal: Die CDU wird von dem Gedanken geradezu terrorisiert, dass sich ein Prozess der Auflösung der Partei in Gang setzen könnte, wie es das seinerzeit bei den italienischen Christdemokraten gab. Es sind nicht nur der Sinn für Ethik und staatsbürgerliches Denken, was die Partei dazu bringt, jetzt radikale Sauberkeit im eigenen Haus schaffen zu wollen. Bei den deutschen Christdemokraten sollen es nicht erst die Richter und Staatsanwälte sein, die durch ihre Ermittlungen und Urteile über das Schicksal der Partei entscheiden. Um die CDU zu retten, müssen ihre Politiker bei der internen Erneuerung die Führung übernehmen, sogar um den Preis, ihre eigenen verschwiegenen Mitglieder vor den Richter zu bringen.
Jyllands-Posten aus Åarhus über Parteispenden und das Selbstverständnis der Nachkriegs-Deutschen: Für die junge deutsche Demokratie ist die Affäre um die gesetzwidrigen Geldströme zur CDU eine echte Prüfung. Die Deutschen haben nach 1945 größere Forderungen an sich gestellt als andere in Europa. Sie wollten es in der schwierigen Disziplin Demokratie besonders gut machen. Umso härter schlagen die lichtscheuen Aktionen ein, die CDU-Chef Schäuble selbst Geldwäsche nennt. Deshalb ziehen auch nicht nur politische Gegner der deutschen CDU täglich Parallelen zur italienischen Christdemokratie, die sich selbst auflöste.
Politiken aus Kopenhagen meint zum selben Thema: Seit der Gründung der Bundesrepublik haben die Deutschen den Ehrgeiz gehabt, Europas Musterschüler in Sachen Demokratie, Rechtssicherheit und ehrlichen Behörden zu sein. Im Gegensatz zu den Italienern, die von der Geschichte mit erheblichem Zynismus ausgestattet worden sind, haben sie hohe Erwartungen an die mit Ämtern betrauten Diener der Demokratie. Es ist deshalb umso schockierender, dass die deutschen Skandale ohne Vorwarnung an der Spitze des gesamten Systems und bei dem Mann ausgebrochen sind, der das moderne Deutschland mehr als jeder andere geprägt hat. Vielleicht stimmt es, dass die deutschen Politiker kein Geld für sich selbst, sondern nur für die Partei genommen haben. Doch bei dieser Diskussion geht es nur um eine Nuance. Durch Annahme von Bestechungsgeldern für die Partei stärkten die Politiker auch ihre persönliche Machtposition mit entsprechenden Privilegien und trugen zur Korrumpierung des politischen Systems bei.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen