Die Anleinpflicht für Hunde juckt am Stadtrand niemanden. Das führt zu unschönen Szenen: Die alte Jogger-Hund-Geschichte
AM RAND
Klaus Irler
Manche Menschen haben als besten Freund einen Hund. Ich nicht. Ich mag keine Hunde. Das ist eigentlich nicht der Rede wert, aber weil ich den Menschen, die mit Hunden zusammenleben, nicht immer aus dem Weg gehen kann, haben wir ein Problem.
Es ist die Jogger-Geschichte: Weil ich ebenso wie die Hunde Auslauf brauche, begegnen wir uns in den Grünanlagen am Stadtrand. Ich weiß nicht, wie es in der Stadt ist, aber hier draußen in Niendorf sind neun von zehn Hunden, die ich treffe, nicht angeleint. Da, wo ich laufe, gibt es eine Anleinpflicht, aber die juckt niemanden.
Das fiele mir vielleicht nicht auf, wenn Menschen mit Hunden selten vorkämen. Aber es gibt sehr viele Menschen mit Hunden am Stadtrand. Und sehr viele Schilder an Gartentoren, auf denen ein Hund abgebildet ist und darunter so etwas steht wie: „Ich brauche 3 Sekunden zur Tür. Und Du?“
Jeder Jogger kennt das, wenn einen ein nicht angeleinter Hund verfolgt oder auf einen zurennt, mal bellend, mal nicht. Es passiert mir nicht bei jedem Lauf, aber so häufig, dass ich dazu übergegangen bin, die Halter anzuschreien. Das muss sein, weil die immer so weit weg stehen, dass normale Lautstärke nicht hilft. Außerdem halte ich es an der Zeit, den Hundehaltern zu vermitteln, dass ich sauer bin. Und zwar nachhaltig, weil sich diese Aggression über die Jahre hinweg angesammelt hat.
Bei diesen Begegnungen entstehen absurde Dramolette, weil die Hundehalter in der Regel keine Fehler einräumen, sondern zurückschreien. Der ältere Herr, dessen zwei Hunde kläffend auf mich zuliefen, stand am Wegesrand, die Leine in der Hand, niemand sonst in Sichtweite, und als ich schrie, er solle seine Hunde gefälligst anleinen, schrie er zurück: „Das sind nicht meine Hunde!“ – Ich schrie: „Wem gehören sie denn dann?“ Er schrie: „Das weiß ich nicht! Und zeigen Sie nicht mit dem Finger auf mich, Sie schlimmer Mensch!“
Ich neige nicht dazu, Menschen schnell zu unterstellen, dass sie lügen. In diesem Fall aber kann ich nicht anders. Interessant war auch der Mitte- 30-jährige Bartträger mit St. Pauli-Totenkopfshirt und Ohrläppchen, in die münzgroße Ringe eingelassen waren. „Leine Deinen Hund an!“ schrie ich, als sein Hund an mir hochsprang. Er schrie: „Halt Dein blödes Maul!“ Da bin ich zu ihm hin, um die Sache zu klären. Damit hatte er nicht gerechnet. „Pass auf“, sagte ich möglichst ruhig, „hier ist Anleinpflicht.“ – Er sagte: „Ah, so einer bist Du also“ – und leinte seinen Hund an.
Es spielt keine Rolle, ob ich so einer bin oder nicht, Halter müssen dafür sorgen, dass ihre Hunde mich in Ruhe lassen. Ob sie das dadurch tun, dass sie ihren Hund anleinen oder ob sie ihn qua Erziehung im Griff haben, ist mir egal. Ist beides nicht der Fall und ihr Hund kommt angerannt, dann schreie ich die Hundehalter an. Man kann das als Drohung verstehen. Und ja, so ist es auch gemeint.
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