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Archiv-Artikel

Die Zürcher Old Boys

betr.: „Frauen machen Radau“ (Frühlingsfest der Zürcher Zünfte), tazzwei vom 19. 4. 04

Die Problematik des Zürcher Volksfests „Sechseläuten“ lässt sich nicht auf die Geschlechterfrage reduzieren, so wichtig diese auch ist. Die Schweiz ist eine von einem Netz von Old Boys gesteuerte Gesellschaft, in der noch manches, etwa die Arbeitsgesetzgebung, den Geist des 19. Jahrhunderts atmet.

Das „Sechseläuten“ ist seit eh und je eine Machtdemonstration der Zürcher Old Boys, genannt „die Zünfter“. „Zünfter“ wird man durch Geburt oder durch Empfehlung. Diese männerbündlerisch organisierten Mächtigen paradieren stolz durch die Straßen ihrer Stadt, verkleidet als Handwerksgesellen vergangener Zeiten, als Bäcker, Schlachter, Gerber usw. Auf den Bürgersteigen stehen ihre Angestellten und winken ihnen zu. Ihre Frauen werfen ihnen Blumen zu, die eine oder andere wagt sich gar auf den Parcours, um ihren Helden abzuküssen.

Am „Sechseläuten“ vom vergangenen Montag erhielt laut Medienberichten der Rechtspopulist Christoph Blocher von der Schweizerischen Volkspartei die fettesten und schönsten Blumensträuße. Die Blumen, die ihm zuflogen, wurden in einem Leiterwagen mitgezogen, der die Pracht schon kurz nach dem Start der Parade nicht mehr zu fassen vermochte. Blocher genoss das Bad in der Menge sichtlich. „Man muss hinaus zum Volk und nicht immer im Bundeshaus sitzen und Gesetze machen“, erklärte er einem Zeitungsreporter. Derweil rissen in den Außenvierteln der Stadt Bauarbeiter, Ausländer zumeist, die Straßen auf wie an einem ganz gewöhnlichen Werktag. […] ALDO KEEL, Zürich

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