Die Wahrheit: Meine Güte, Wundertüte!
Die Wahrheit-Sommerserie „Wahre Wunder“ (3): Was zählt eigentlich alles als Wunder? Und wovon singt diese Durchhaltetante der Nazis?
Nachher wollte sie von allem nichts gewusst haben, aber eines wusste Zarah Leander immerhin schon damals genau: „Es wird einmal ein Wunder geschehen.“ Was das nun genau ist, sagte sie nicht. Was wunder, denn ein Wunder ist qua Definition „ein Ereignis, was auf natürlichem Wege nicht zu erklären ist“ („Knaurs Jugendlexikon“, 1953).
So sind zum Beispiel sechs Richtige im Lotto kein Wunder, sondern nur verdammt viel Glück. Ein Wunder wäre es, wenn der Glückspilz eine Million Schulden hätte und einen Tag vor der Fälligkeit genau eine Million gewinnen würde. Der Geldeintreiber würde enttäuscht abziehen, ohne jemandem wehgetan zu haben, und unser Lotto-Gewinner wäre wirklich ein veritabler Wunderknabe.
In aller Ruhe könnte er fortan in der Berliner Wunder-Bar bei einem Glückspils darüber nachsinnen, warum es kein weibliches Äquivalent zum Wunderknaben gibt, Wonder Woman sei’s geklagt.
Doch zurück zu Zarah Leander: Wenn ein richtiges Wunder geschieht, dann werden „1000 Märchen wahr“, behauptet sie. Dann wird sie auch einen Mann vom selben Stern wiedersehen, was auf unserem Stern noch nicht so überraschend ist. Aber eines wiederum ist klar wie Kloßbrühe, Märchenfreunde und -freundinnen, sie wird ihn nur einmal wiedersehen. Da heißt es, auf dem Quivive zu sein und den Mann vom selben Stern klarzumachen. Also, die Augen offenhalten, denn Zarah weiß nur, dass ein Wunder geschehen wird, aber nicht wann das Wunder geschieht. Und wer weiß schon, wenn was schief läuft, stimmt es wirklich, dass die Zeit alle Wunder heilt? Auf jeden Fall werden 1.000 Märchen wahr, wenn das Wunder passiert.
Dann wär es schön, wenn eines der 1.000 Märchen „Aladin und die Wunderlampe“ wäre, denn dann könnte sich frau vom Dschinn immer wieder etwas Neues wünschen und würde ihre restlichen 999 Märchen nicht aufbrauchen. Doch das nur als kleiner Wünscheverbraucher-Tipp.
Vielleicht weiß der Geist in der Lampe auch, warum die viel beschworene „Wunderwaffe“ in dunklen Zeiten nicht ausgeliefert wurde. Das war dann auch kein Wunder, sondern nur ein großes Glück.
Streifen wir gedanklich weiter zum Wunderkind. Den Begriff kennt jeder, aber wer kann mehr als ein einziges Wunderkind benennen? Alle kennen allenfalls das Wolferl Mozart und dann ist Schluss mit dem Wunderkinderwissen. Selbst Jesus war kein Wunderkind, er war ja schon ein Jugendlicher, als er seine ersten Wunder wirkte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg sollten sich die Wunder wundersam mehren, erst kam das Wirtschaftswunder und alle wurden zu Wirtschaftswunderkindern. Und dann kam das größte Wunder aller Zeiten, das Wunder von Bern! Damals konnte noch ein normalsterblicher Torwart wie Toni Turek zum Fußballgott aufsteigen. Wir wurden verwöhnter und kein Fußballweltmeisterschafts-Gewinn sollte fortan wieder ein WM-Wunder werden, immerhin gab es Jahrzehnte später ein bescheideneres Sommermärchen.
Während des Mauerfalls wurden die Kinder lediglich Wendekinder und keine Wendewunderkinder. Und warum die Wende selbst nicht zum „Wendewunder“ wurde oder gar zum wundersamen „Wiedervereinigungswunder“ weiß nur der Wendewind. Und der schweigt.
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