Die Wahrheit: Amore bis zum Schluss
Inklusion bei Tieren ist der neue Trend im Zoo. Viele Tiergärten rund um den Globus legen jetzt fremde Arten zusammen.
Wuppertal lebt die konsequente Inklusion! Nicht nur in den Schulen, sondern auch im Zoo. Dort teilen sich nämlich schon seit dem Jahr 2014 zwei Wölfe und eine Bärin ein Gehege. Eine für die Wölfe zunächst schmerzhafte Erfahrung, denn sie litten anfangs tagelang unter Muskelkater, wie das Solinger Tageblatt berichtete. Wie das die Zeitung erfahren konnte, ist leider nicht bekannt.
Die Westdeutsche Zeitung hatte vor der Zusammenführung von Wolf und Bär noch geunkt: „Im Zoo kommen sich Wölfe und Bären bald ins Gehege“, aber im Gehege blieb es ruhig. Genau wie im Bibelzoo von Jerusalem, wo Schafe alttestamentarisch mit Wolfswelpen zusammenleben.
Ein Tiger und eine Hündin lebten auch schon friedlich in diesem Zoo zusammen, genau wie unlängst Amur, der Tiger, und Timur, der Ziegenbock. In beiden Fällen wurde das als Lebendfutter gedachte Tier unverhofft zum Freund. Amur und Timur zerstritten sich allerdings nach einem Jahr. Als Timur seinen Kumpanen dann aber eine Stunde lang mit den Hörnern traktierte, wurde er gepackt und verletzt. Jetzt sind sie Exfreunde.
Ohne Streit geht die zoologische Inklusion nämlich meistens nicht ab: Im Tierpark Boras in Schweden attackierte ein aufgebrachter Strauß einen Elefanten mit den Füßen; später standen sich Elefanten und Nashörner brüllend gegenüber, doch die Elefanten gaben jedes Mal nach.
Otter an Orang-Utan
Gern werden Tiere ihrem entgegengesetztem Wesen nach zusammengesperrt: Lustige Otter mit melancholischen Orang-Utans oder träge Flachlandgorillas mit quirligen Rotscheitelmangaben in Münster etwa. Risiko-Vergesellschaftungen wie Eisbär und Nacktmull lehnen seriöse Tierparks ab, und sogenannte olfaktorische Vergesellschaftungen in „Stinkeranlagen“ von Stinktier, Iltis und Puma konnten sich nicht durchsetzen.
Leider kann so eine tierische Vergesellschaftung auch der Zügellosigkeit Vorschub leisten, so legten sich im Dortmunder Zoo die Flachlandtapire gern mit gespreizten Beinen vor die Ameisenbären, um von diesen geleckt zu werden. Auch wurde beobachtet, dass ein Tapir von drei Ameisenbären gleichzeitig belagert wurde. Unschön so was.
In San Diego werden die Tapire von Wasserschweinen als Kopfkissen benutzt, während ein Nördlicher Hornrabe einer Giraffe Hals und Schultern kratzt. Eine Wohltat!
Weiswangengibbon contra Muntjak
Aber immer wieder gibt es Rückschläge im zoologischen Zusammenleben. So wurden im Duisburger Zoo fünf Zebras von Nashörnern getötet. Die Zebras wiederum setzten die weltberühmte Spirale der Gewalt fort und töteten zahlreiche, nicht näher spezifizierte Vögel. Weiswangengibbons schlugen Chinesische Muntjaks, anstatt ihnen die Wange anzubieten, und Zwergmeerkatzen schlugen Zebraducker.
Nasenbären verletzten Klammeraffen, und Bisons verletzten arglose Trompeterschwäne. In Stuttgart entführten Blutbrustpaviane Mähnenschaflämmer, kopulierten mit ihnen und schubsten sie an- wie abschließend vom Felsen.
Im Berliner Zoo meidet die ranghöchste Flusspferdkuh nach einer Auseinandersetzung mit einem Nyala-Bock konsequent die Außenanlage. Eine No-go-Area innerhalb des Zoos. Einen ganz schlechten Ruf haben die Roten Pandas, weil einige von ihnen im Taronga Zoo in Sydney Weiße Ohrfasanen töteten und auffraßen.
Manchmal geht das Zusammenleben aber auch gut – oder läuft erst später aus dem Ruder wie bei Amur und Timur. So verlief die Vergesellschaftung von Roten Pandas im Nürnberger Zoo mit drei Jungtieren Chinesischer Muntjaks zunächst gut, bis zu dem Tag, an dem das vierte von den Roten Pandas gefressen wurde. Das fünfte Jungtier hingegen wuchs problemlos heran. Nicht so das sechste, das wurde verspeist.
Man steckt eben nicht drin. Im Gegenteil: In Krefeld töteten die Muntjaks ihrerseits einen Panda und verspeisten ihn. So gleicht sich doch alles immer irgendwie aus in der Natur!
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