: Die Union der Geldsammler
Weil TV-Gelder nicht mehr wie gewohnt sprudeln, muss sich auch Zweitligist Union nach neuen Sponsoren umsehen
Wochenlang hat Ralf Büttner mit Sportarktikelfirmen verhandelt, Zahlen und Angebote verglichen, bis er dem jahrelangen Partner Nike absagte. Ab sofort kleidet ein Konkurrent die Spieler des Zweitligsten 1. FC Union ein. „In diesen harten Zeiten kann man nicht so einfach auf einen höheren Geldbetrag verzichten“, begründet Unions Marketing-Chef den Wechsel. Das Angebot des neuen Ausrüsters aus Süddeutschland soll 100.000 Euro über der Offerte des US-Konzerns gelegen haben, der Union 1997, damals noch in der Oberliga, vor dem Bankrott rettete.
100.000 Euro sind neuerdings sehr viel Geld für einen Profiverein. Denn nach der Kirch-Pleite sind die fetten Jahre vorerst vorbei. Fast alle Clubs müssen den Gürtel enger schnallen. Durch den schlechter dotierten neuen TV-Vertrag von KirchMedia mit der Deutschen Fußball-Liga befürchtet Union Min- dereinnahmen von bis zu 700.000 Euro – damit kommt ein Eckpfeiler des vor dem Kirch-Crash aufgestellten Etats von 7,7 Millionen Euro ins Wanken.
Union-Präsident Heiner Bertram, ein sorgsam wirtschaftender Vertreter seiner Zunft, sucht nach Auswegen: „Es geht nur über zwei Schienen: Einnahmen erhöhen, Ausgaben senken.“
Die Köpenicker sind auf der Suche nach einem zweiten Sponsor, der wie ein Dienstleister jährlich über 500.000 Euro beisteuert. Damit hofft Büttner, die Marketing-Einnahmen im laufenden Jahr um 500.000 Euro auf drei Millionen zu steigern.
„Ein hohes Ziel“, wie er zu- gibt. Denn das baufällige Sta- dion in Köpenick setzt der Werbung enge Grenzen. Deshalb schlägt Unions Marketing-Mann eine Mischung aus Einnahmenerhöhung und Ausgabensenkung vor. In der Mannschaft weiß man, was das bedeuten kann. Bertram hat bereits durchblicken lassen, dass er im Trainingslager der Berliner ab Mitte Juli im niedersächsischen Schneverdingen die Spieler um ein Solidaropfer bitten wolle. Eine Erhöhung der Erfolgsprämien von zuletzt 511 Euro pro Punkt und Spieler dürfte illusorisch sein.
Schlimmer noch: Auch „freiwillige“ Gehaltskürzungen scheinen keineswegs tabu. Ein Profispieler des Vereins, der freilich ungenannt bleiben will, zeigt angesichts der schlechten Fußballkonjunktur sogar Verständnis: „Jeder Verein muss sich diese Gedanken machen.“
JÜRGEN SCHULZ
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