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■ Die Umweltgruppen sind auch nicht mehr das, was sie waren Oder: Darf man Helmut Kohl tatsächlich loben?Klimabündnis der neuen Art

Darf man Helmut Kohl loben? Einen Kanzler, der sich um Umweltpolitik nicht schert und auf dem Klimagipfel nun ein paar schöne Worte gesagt hat? Einige Umweltgruppen haben das getan, und man hatte fast den Eindruck, man hörte Kohls Pressesprecher reden: Angemessen, zum richtigen Zeitpunkt, sinnvoll – so lauteten die netten Adjektive für Kohls Rede. Ob den Kanzler dieses Lob freut, wissen wir nicht. Wahrscheinlich ist ihm die Meinung der Ökos sowieso ziemlich egal, und er räkelt sich bei der Zeitungslektüre höchstens kurz genießerisch in seinem Bürostuhl.

Wie man Kohls Rede und die Reaktionen wertet, ist eine Frage der Perspektive. Wählt man den bequem distanzierten Überblick, die umweltpolitische Totale, besteht natürlich Geißelungsbedarf. Dann wettert man gegen die „Sonntagsrede“ Kohls, gegen die „Alibi-Veranstaltung“ und listet all das noch mal auf, was wir eh schon wissen: Kohls Verkehrspolitik, Gorleben, Energiesteuer und und und. Versucht man jedoch einen Blick auf den konkreten Verhandlungsprozeß in Berlin, landet man tatsächlich schnell beim Lob des Kanzlers. Denn es war die richtige Rede mit richtigen Zielen an die richtige Adresse – nämlich die der USA, die bis gestern noch wesentliche Fortschritte blockiert haben.

Das Lob der Umweltgruppen war also keine Panne aus Naivität, sondern eine Folge ihrer Perspektive: Nah dran am Verhandlungsprozeß, bemüht um konkrete Fortschritte und weit weg vom fundamentalistischen Rundumschlag. Diese Perspektive prägt die Arbeit der meisten Umweltgruppen seit der Konferenz von Rio, was sich auch schon ablesen ließ an der Entscheidung, in Berlin eben keinen Gegengipfel zu inszenieren, sondern möglichst viele konstruktive Parallelveranstaltungen.

Dadurch hat sich bei der Berliner Konferenz eine Zusammenarbeit zwischen Umweltministerium und Umweltaktivisten entwickelt, die bei einem Weltwirtschaftsgipfel nie denkbar wäre: Die Öko-Gruppen sind den offiziellen Positionen immer ein Stück weit voraus, piesacken die Delegationen – und die klimapolitisch aufgeschlossenen Mitglieder der deutschen Delegation zum Beispiel freuen sich über diese Unterstützung. Sicher hat diese Arbeitsteilung, dieses neue Klimabündnis, eine Gefahr: Man macht sich zum nützlichen Idioten der Politik, sobald der Verhandlungsprozeß nutz-und wirkungslos ist. Doch danach sieht es momentan noch nicht aus. Nach diesem Gipfel wird das 20-Prozent-Reduktionsziel ein Stück nähergerückt sein, selbst wenn manche Diskussionen, zum Beispiel über die Geschäftsordnung, nur aufgeschoben wurden.

Und solange der Prozeß diese Aussicht auf Erfolg hat, darf man Helmut Kohl loben. Felix Berth

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