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Archiv-Artikel

Die UNO ist tot

„Die UNO braucht Bündnispartner – und die Bundesregierung kommt wieder zu spät“, taz vom 3. 4. 03, „Schröders Lehre aus dem Irakkrieg: Eine europäische Militärmacht. Wenn’s geht, mit Blair“, taz vom 4. 4. 03

Ich befürchte, Sie denken noch in Kategorien der Zeit vor Bush II. und des 20 Jahrhunderts. Für Bush und die neue, in Washington kontrollierte Weltordnung sind die UNO, Schröder, Fischer & Co., sowie die rührenden Demonstrationen in den arabischen Ländern gleichwertig irrelevant. Die Europäer haben Schwierigkeiten mit der Vorstellung, dass die UNO keine wichtige Funktion mehr hat. Aber das ist so, sie ist tot. Für humanitäre Einsätze wird man ihre Organisation hier und da noch brauchen, aber nicht für weltpolitische Entscheidungen. Folglich müssen sich die mittelgroßen „Mächte“ wie Frankreich, Russland, Deutschland neue Einflussmöglichkeiten suchen, möglicherweise auf wirtschaftlichem Gebiet. WALTER H. DIEBOLD, Lafayett, California

Dietmar Bartz hat in seinem Kommentar grundsätzlich Recht, wenn er die zögerliche Haltung der Bundesregierung beklagt, über den Wiederaufbau des Irak nach Ende des Krieges zu reden und auf diese Weise eine Beteiligung (und damit Stärkung) der UNO zu erleichtern.

Dahinter steckt aber ein Akzeptieren der durch den völkerrechtswidrigen Einmarsch geschaffenen Fakten. Nur wenn die UNO diese nachträglich absegnet und in irgendeiner Form legitimiert, kann sie von den USA und Großbritannien an den Prozessen nach Ende des Krieges beteiligt werden. Nicht nur Blair wäre gestärkt, auch Bush.

Realistisch betrachtet wäre ein Einlenken der UNO notwendig, um wieder aktiv sich an diesem Teil der Weltpolitik beteiligen zu können. Objektiv gesehen bleibt aber auch wahr, dass das Vorgehen der „Koalition der Willigen“ völkerrechtswidrig war und die UNO aktiv und bewusst zu einer Marionette der amerikanischen Großmachtinteressen entmachten wollte. Nach wie vor erscheint das amerikanische Vorgehen ein Teil einer Strategie zur Erlangung einer unerträglichen Hegemonie auf Sparflamme zu sein.

Dagegen müsste eingeschritten werden. Durch Isolation der Aggressoren und dadurch, dass diese gezwungen werden, die Folgen ihres Vorgehens auch zu tragen (wer zerstört, muss auch den Wiederaufbau bezahlen). Andererseits wäre eine Passivität der UNO im Irak angesichts der humanitären Situation unerträglich.

H. KÜHNLE, Heidelberg

Wozu eine europäische Militärmacht, wenn die europäischen Staaten, insbesondere Deutschland, im Ernstfall nicht die moralische Kraft und Konsequenz aufbringen, diese Macht auch einzusetzen. Voraussetzung einer europäischen Streitmacht wäre auch, dass Frankreich endlich den Verlust seiner Weltmachtrolle verschmerzt und nicht versucht, nun ersatzweise die erste Geige in Europa (mit den Deutschen als Juniorpartner) zu spielen, gegen den Willen und das Interesse Englands, Italiens, Spaniens, der kleineren Staaten und der Beitrittsländer aus dem Osten.

PETER HÜNTEN, Aachen

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