: Die Studenten wollen ein Haus auf der Mauer
■ Studentische Projektgruppe plant Haus für Ost-West-Streitkultur / Selbstverwaltung und Basisdemokratie sollen die politische Kultur des Hauses prägen / OSI-Professor Grottian fördert das Projekt / FU-Vizepräsident signalisiert Zustimmung
Berlin. Ein Haus, in dem man streiten kann. In dem studentische Forschungsprojekte genauso Platz finden wie eine Studiobühne, experimentelle studentische Wohn- und Arbeitskollektive und eine Job-Vermittlung. Wo Ost und West, Forschung und Praxis konstruktiv aufeinander prallen - so etwas ist in Berlin bislang noch Utopie. Jetzt aber hat sich eine etwa 20köpfige Gesamtberliner Projektgruppe gebildet, die „für die Belange der Studierenden aller Hochschulen von Lankwitz bis Karlshorst“ eben ein solches selbstverwaltetes Haus installieren will. Ziel ist es, daß in dem Haus die verschiedensten Gruppen „selbstbestimmt und basisdemokratisch, ohne Eingriffe durch Hochschulhierarchien“ Räume für sich nutzen und nebeneinander arbeiten können.
An der offiziellen Spitze der Projektgruppe steht der in dieser Hinsicht als unermüdlich bekannte OSI-Politologe Peter Grottian. Den Studierenden ist das nur recht: „Das ist jemand, der seine Fantasie mit reinbringt und der uns auch auf der Professorenebene unterstützen kann.“ Getrieben werden die StudentInnen in ihrem Wunsch nach einem selbstverwalteten Haus vor allem von der Befürchtung, daß sie bei der „Neuverteilung des Kuchens im gesamtdeutschen Wissenschaftsbereich wieder mal“ außen vor gelassen werden. Dabei seien gerade die Projekte, die „durch das Raster der bestehenden Universitätsstrukturen fallen“, darauf angewiesen, an einem festen Platz arbeiten zu können. Unter einem Dach, so die Vorstellung der StudentInnen, sollen Projektwerkstätten, wissenschaftlich arbeitende AnbieterInnen aus dem Alternativsektor bis hin zu außeruniversitären Projekten eine gemeinsame Streitkultur entwickeln sowie Forschung und Lehre „kritisch reflektieren“. Ein „Haus auf der Mauer“ soll es werden, so der Plan, „wo Ost und West gemeinsam streiten und die Vereinigung nicht zur Einbahnstraße wird“. Zur Zeit liebäugeln die StudentInnen für ihr Projekt mit einem Haus im Ostteil der Stadt, „durch den Auszug der Stasi stehen doch jetzt viele Häuser leer“.
In jedem Fall will die Projektgruppe von öffentlichen Geldern partizipieren. FU-Vizepräsident Väth habe angeblich bereits zugesagt, „sich dafür stark zu machen“, sobald er ein Konzept in der Hand habe. Dies muß jedoch erst noch entwickelt werden, genauso wie der Kontakt zu den StudentInnen in Ost-Berlin: „Leider sind bislang nur wenige Ostberliner an unserer Projektgruppe beteiligt.“ Für StudentInnen und studentische Gruppen, die sich ebenfalls für das geplante Projekt interessieren, findet morgen ein Informationsveranstaltung statt. Dort will die Projektgruppe gemeinsam mit den Anwesenden auch einen ersten Grundstein für das Konzept legen. Zahlreiches Erscheinen wird gewünscht: „Je mehr wir sind, desto mehr politischen Druck können wir ausüben!“
maz
Die Info-Veranstaltung ist am Dienstag, 28.8., 15 Uhr, im Raum 306a des John-F.-Kennedy-Instituts, Lansstr. 5, 1 Berlin 33. Kontakttel.: 692 83 78, 618 79 35 oder 852 92 04.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen