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Die Stagnation am Kap durchbrechen

■ Im Falle Südafrikas ist eine verstärkte internationale Einmischung angesagt

Die Stagnation am Kap durchbrechen Im Falle Südafrikas ist eine verstärkte internationale Einmischung angesagt

Über Südafrika ziehen düstere Wolken auf. Immer deutlicher wird, daß die weiße Regierung entweder nicht bereit oder nicht fähig ist, den versprochenen Übergang zu einem „neuen Südafrika“ auch zu gewährleisten. Vor einem Dreivierteljahr vereinbarten de Klerk und Mandela — damals noch in trauter Zweisamkeit — die Freilassung der politischen Gefangenen und die straffreie Rückkehr der Exilierten bis zum 30.April 1991. Der ANC hatte im Tausch das Druckmittel des bewaffneten Kampfes aufgegeben. Der Termin ist nun verstrichen, die Vereinbarung nicht erfüllt. Pretoria behauptet, alles liefe nach Plan und verkündet eine neue Frist bis zum 30. Juni. Der ANC reagiert mit diffusen Protestandrohungen und muß zusehen, wie seine Demonstranten zu Hunderten verhaftet werden. Gelöst wird nichts. In einer solchen Situation müßte die internationale Staatengemeinschaft eigentlich handeln. Steht nicht auf dem Spiel, was ihre Politik aus Druck und Ermutigung erreichen wollte — der friedliche Wandel am Kap? Stattdessen herrscht peinliches Schweigen. Vor allem die EG, die kürzlich erst ihre Sanktionen gegen Südafrika aufhob, steht da wie ein begossener Pudel. Besser präsentieren sich die USA, die das Ende ihrer Sanktionen von der Freilassung aller politischen Gefangenen abhängig gemacht haben und nun folgerichtig meinen, diese Zeit sei noch nicht gekommen. Aber reicht die Abwartehaltung Washingtons aus? Daß die USA im südlichen Afrika über Druckmittel und politischen Willen verfügen, ist bewiesen, seitdem sie zusammen mit der UdSSR die Regierung Angolas und die rechte UNITA-Guerilla zwangen, sich an einen Tisch zu setzen und einen Waffenstillstand auszuhandeln, der jetzt so gut wie unterschriftsreif ist. Was hindert Präsident Bush daran, in einer zweiten gemeinsamen Initiative mit Moskau den Verhandlungsprozeß in Südafrika zu forcieren und die Entsendung von UNO-Beobachtern in die von Gewalt erschütterten Townships zu forcieren?

Der Anfang zu einer Internationalisierung der Südafrika-Krise ist bereits getan, seitdem die Repatriierung von südafrikanischen Exilanten in die Hände des UN-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR) gelegt wurde. Das UNHCR wurde jedoch in seine Verhandlungen mit Pretoria alleingelassen und mußte schriftlich die „Souveränität Südafrikas“ anerkennen. Dies stellte einen Rückfall hinter die UN-Sanktionspolitik dar, die ja schließlich das andernorts strittige „Recht auf humanitäre Einmischung“ in bezug auf den Apartheidstaat längst wahrgenommen hat. Die Welt sollte den völkerrechtlichen Vorsprung, den die Sanktionspolitik hier bietet, nicht fallenlassen. Für die EG ist es schon zu spät. Doch diejenigen Staaten, die ihre Druckmittel noch nicht aus der Hand gegeben haben, sollten diese Chance nutzen, um Südafrika vor dem Abgleiten in eine weitere Stagnationszeit zu bewahren. Dominic Johnson

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