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Die SPD erlebt ihr „Bremen“ 2004

■ 2004 soll die SPD ihr neues Grundsatz-Programm in Bremen verabschieden, wünscht Detlev Albers / Aus Bremen wird derzeit die Internationale als „subsidiäre Weltrepublik“ vorgedacht

Politiker, die nicht mehr viel zu sagen haben in der Politik, entde-cken gelegentlich ihre Liebe zur großen Geste der Theorie. 63 Seite sind die dick, die „Bremer Beiträge zum neuen Grundsatzprogramm der SPD“, in einer Auflage von eintausend soll sie die Welt nicht nur anders interpretieren, sondern verändern. „Die globale Stunde der europäischen Zivilisation schlägt“, heißt es in dem Eröffnungsbeitrag. Detlev Albers, SPD-Landesvorsitzender und Professor für Regionalforschung, denkt, die Europäische Union dürfe nur „als Zwischenstufe vor dem eigentlichen Ziel einer föderalen subsidiären Weltrepublik“ begriffen werden. Während Bremens Bürgermeister gemeinsam mit dem CSU-Politiker Edmund Stoiber gegen die „EU-Bürokraten“ zu Felde zieht, formuliert Albers als theoretisches Ziel der SPD: „Europäische Sozial- und Wirtschaftsdemokratie greift nicht allein der föderalen und der subsidiären Weltrepublik vor, sondern bringt Maßstäbe hervor, nach denen wir uns erst den Charakter einer solchen Weltrepublik vorstellen können.“

Herbert Brückner, früher einmal Umweltsenator und Bremer SPD-Landesvorsitzender, hat für die Weltregierung die „Nachhaltigkeit“ schon einmal programmatisch vorformuliert. „Insbesondere müssen die Abhängigkeit unseres derzeitigen politisch-gesellschaftlichen Systems vom Wirtschaftswachstum, die Verknüpfung von ökonomischem Wachstum und Umweltverbrauch und die Bemessung des Wohlstandes nach dem Brottosozialprodukt überwunden werden“, schreibt Brückner. So etwas wie die Bremer Sanierungspolitik hat in dieser programmatischen „subsidiären Weltrepublik“ keinen Platz.

Dritter Autor des Bandes ist Gernd Markus, früher einmal pragmatischer „Macher“ und Staatsrat in Uwe Beckmeyers Häfenressort. Heute propagiert er als „Professor für strategische Unternehmensentwicklung“ nicht mehr die Privatisierung staatlicher Aufgabenbereiche, sondern tendenziell das Gegenteil: „Wirtschaftsdemokratie“. Das heißt für ihn, „demokratisch legitimiert zu entscheiden, welche Teile gesellschaftlicher Produktion unter besondere gesetzliche Verfahrensregelungen gestellt werden oder den Marktmechanismen ganz entzogen werden“.

Vierter im Bande der Bremer Beiträge für das neue Grundsatzprogramm der SPD ist Kurt Nemitz, früher einmal Präsident der Bremer Landeszentralbank. Auch er streitet für „neue Wirtschaftsdemokratie“. Während die Bremer Sozialdemokraten, die noch an der Macht und in der Regierung sind, sich umfassend von einem privaten Unternehmensberater über die Vorzüge privatwirtschaftlicher Organisationsformen für den Staat überzeugen lassen, geißelt Nemitz den „gesellschaftpolitisch übergreifenden Ökonomismus“. Im Klartext: „Entgegen einem modischen Zeitgeist erscheint es sinnvoll, sich im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung einer lebensfähigen sozialen Marktwirtschaft erneut mit den Theorien gemeinwirtschaftlicher, genossenschaftlicher und öffentlicher Unternehmungen zu befassen.“

Keineswegs sind die Spitzengenossen bundesweit nun eingeladen, nach Bremen zu pilgern. Im Jahre 2004 aber sollen sie kommen. Schon 1989 sollte eigentlich ein s neuen Grundsatzprogramm der Sozialdemokraten das Godesberger Programm von 1959 ablösen, es sollte in Bremen beschlossen werden. „Die großen Ereignisse vor und nach den 9. November 1989 machten dies hinfällig“, bemerkt Albers. Theorie lässt sich aber nicht einfach hinfällig machen. Das neue Grundsatzprogramm könnte, so die fast heimliche Hoffnung von Albers, 2004 in Bremen beschlossen werden, um dann, List der Dialektik, den Namen „Bremer Programm“ zu tragen. K.W.

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